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Bayern ignoriert Aut-idem-Urteil

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Berlin -

Im Streit um die Austauschpflicht von Importarzneimitteln und Originalen startet Bayern einen Alleingang: Der Bayerische Apothekerverband (BAV) hat sich mit den Krankenkassen darauf geeinigt, dass alles beim Alten bleibt – Importe und Originale also weiterhin ausgetauscht werden können, auch wenn der Arzt ein Aut-idem-Kreuz gesetzt hat. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hingegen ist der Überzeugung, dass nach dem Urteil des Sozialgerichts Koblenz ein grundsätzliches Umdenken erforderlich ist.

Auslöser der Diskussion war eine Retaxation der Schwenninger Krankenkasse. Ein Apotheker hatte das namentlich verordnete Importarzneimittel von Kohlpharma abgegeben und den Rabattvertrag mit dem Originalhersteller missachtet. Zu Recht, entschieden die Richter in Koblenz. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig, und auch der GKV-Spitzenverband hat sich der Entscheidung angeschlossen.

Der DAV hatte daraufhin darüber informiert, dass die Entscheidung des Arztes Vorrang hat. Dieser Einschätzung folgt man in Bayern offenbar nicht: Der BAV hat sich mit den Verbänden der Regionalkassen und der bayerischen Landesvertretung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) darauf verständigt, „dass mit der Entscheidung des SG Koblenz keineswegs eine neue Rechtslage geschaffen wurde“.

Eine neue Rechtslage, die generell verbindlich sei, könne nur ein letztinstanzliches Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) oder eine Entscheidung des Gesetzgebers herbeiführen, heißt es in einem Schreiben an die BAV-Mitglieder. Die Kassen und der BAV gehen demnach davon aus, dass ein Austausch zwischen Import- und Originalarzneimittel und umgekehrt wie bisher zulässig ist.

Dies gelte auch dann, wenn der Arzt einen Import mit Angabe des Importeurs oder der PZN oder ein Originalarzneimittel verordnet und jeweils das Aut-idem-Feld kennzeichnet. „Das Arzneimittelgesetz stellt Originale und deren Importe gleich“, heißt es zur Begründung. Beide hätten die gleiche Zulassung.

In der Praxis müssen die bayerischen Apotheker aufpassen: Die Softwarehäuser seien von der ABDATA über geänderte Austauschvorschriften informiert worden. Deshalb würden Austauschmöglichkeiten eventuell nicht mehr angezeigt, warnt der BAV. „Gemäß unserer Einigung mit den Kassen können Sie aber unabhängig von der Darstellung in der EDV einen Austausch zwischen Import und Original beziehungsweise umgekehrt vornehmen“, so der BAV. Wie immer sei der Vorrang von Rabattverträgen zu beachten.

Verordnungen, die von der Regelung betroffen sind, sind nach Angaben des BAV ohnehin „nicht sehr zahlreich“. Um deren Zahl weiter zu minimieren, habe man sich mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) in Verbindung gesetzt. Sie soll den Ärzten empfehlen, bei der Verordnung von importierten Arzneimitteln keine Aut-idem-Kreuze mehr zu setzen.

Der BAV fordert seine Mitglieder auf, auch im eigenen Umfeld tätig zu werden: Wenn ein Arzt dazu neige, Importarzneimittel mit Aut-idem-Kreuz zu verordnen, sollten die Apotheker darauf hinweisen, dass diese Verordnungsweise im Endergebnis nicht wirtschaftlich sei.

Für die Apotheker hat die Entscheidung des Sozialgerichts zwei Seiten: Verordnet der Arzt mit Aut-idem-Kreuz, könnten Rechtsstreitigkeiten über eine mögliche Austauschpflicht der Vergangenheit angehören. Andererseits gibt es Probleme, wenn der Arzt Importe namentlich verordnet, die nicht lieferbar sind.

Mit dem Urteil war die gängige Praxis auf den Kopf gestellt worden. Diese geht aus einer Stellungnahme aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) aus dem Jahr 2002 zurück: Als damals die Aut-idem-Regelung eingeführt wurde, stellte das BMG klar, dass Importarzneimittel als identisch mit dem Original gelten.

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