APD-Jahrestagung

Pharmazieräte nehmen Botendienst ins Visier

, Uhr aktualisiert am 09.10.2018 16:58 Uhr
Berlin -

Auf ihrer diesjährigen Tagung im September hat die Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD) nicht nur eine Online-Hilfe für die Apothekenkontrollen aus der Taufe gehoben, sondern auch vier Resolutionen beschlossen. Unter anderem nehmen die Kontrolleure den Botendienst ins Visier und fordern eine scharfe Abgrenzung vom Versandhandel. Außerdem fordern die Pharmazieräte die Arzneimittelhersteller auf, Lieferengpässe zu vermeiden.

„Die APD betrachtet die öffentliche, inhabergeführte Apotheke vor Ort als die tragende und unersetzbare Säule in der ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung, die nicht durch andere Vertriebsformen gefährdet werden darf. Zur hohen Qualität der Arzneimittelversorgung trägt auch die ordnungsgemäße Umsetzung von Gesetzen und Vorschriften bei“, heißt es in der Abschlusserklärung. Ausführlich befasst haben sich die Pharmazieräte mit der wachsenden Zahl von Lieferangeboten. Dazu fordern sie eine scharfe Abgrenzung von Botendienst und Versandhandel.

„Bei Bestellung von Arzneimitteln in einem Webshop einer Apotheke liegt ein Versandhandel nach § 11a ApoG vor. Die Auslieferung hat durch einen externen Dienstleister zu erfolgen“, heißt es in der Resolution. Bei einer Bestellung eines Arzneimittels direkt in der Apotheke, zum Beispiel telefonisch, liege hingegen ein „Präsenzhandel“ vor. Laut dem APD-Vorsitzenden Christian Bauer hat der Botendienst eine enge Bindung an die Präsenzapotheke und unterscheide sich daher vom Versandhandel als „Versorgungsweg der 2. Wahl“ ohne persönliche Beratung. „Wir müssen verhindern, dass Systeme entstehen, die diese beiden Modell verwässern“, so Bauer. Wer Aufträge über Bestellportale generieren wolle, der brauche eben eine Versandhandel und müsse einen Betriebsfremden ausliefern lassen.

Die Auslieferung könne durch einen Boten der Apotheke oder pharmazeutisches Personal erfolgen. „Eine Vermischung zwischen apothekereigenem Botendienst und Versandhandel ist nicht zulässig“, so die Resolution. Angebotene Zustellmodelle seien nach diesen Gesichtspunkten zu beurteilen. In jedem Einzelfall sei zu prüfen, welche Form vorliegt. Verwiesen wird auf ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster. Der Vorstoß von Ex-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), den Botendienst zu liberalisieren, war mit dem Rx-Versandverbot gescheitert.

In den Blick genommen haben die Pharmazieräte auch die Abholfächer. Diese müssten sich in den Betriebsräumen der Apotheke befinden. „Ein Betrieb außerhalb der Raumeinheit der Apotheke ist nicht möglich, auch nicht mit den Ausnahmen nach § 4 Abs. 4 ApBetrO und auch nicht mit einer Versanderlaubnis nach § 11a ApoG“, heißt es in der Resolution. Auch hier fühlten sich die Pharmazieräte laut Bauer in der Pflicht, klare Aussagen zu machen.

Die Bestückung dieser Abholfächer müsse aus den Räumen der Apotheke erfolgen und sei nur durch pharmazeutisches Personal möglich. Eine automatische Bestückung durch eine „Anbindung an einen Kommissionierautomaten mit direktem Zugriff auf das Warenlager ist nicht zulässig“. Sämtliche Lagerungsbedingungen der ApBetrO seien uneingeschränkt auch für die Abholfächer gültig. Der Betrieb der Abholfächer sei nur außerhalb der Öffnungszeiten der Apotheke zulässig.

Thema der APD-Tagung war auch das Verblistern von Arzneimitteln durch eine externe Firma im Lohnauftrag der Apotheke. Dazu müsse stets ein schriftlicher Vertrag mit diesem Lohnhersteller, beispielsweise einem Blisterzentrum, vorliegen, in dem die Verantwortlichkeiten klar definiert und abgegrenzt seien. „Es muss im QM-System der auftraggebenden Apotheke festgelegt sein, welche Arzneimittel blisterfähig sind“, so die Pharmazieräte.

Die ausreichende und sichere Qualitätskontrolle durch das Blisterzentrum sei nachzuweisen. Ein sicherer und valider Datenaustausch zwischen der auftraggebenden Apotheke und dem Blisterzentrum müsse „nachweislich gegeben sein“. Die Lieferung der fertigen Blister durch den Hersteller habe ausschließlich in die bestellende Apotheke zu erfolgen. Die Blister müssten dem Medikationsplan entsprechen, daher sind nach Auffassung der APD Leerblister nicht zulässig. Medikamente, die sich nicht verblistern lassen, müssen laut Bauer separat geliefert werden; Erinnerungshilfen durch Blister ohne Inhalt wollen die Pharmazieräte nicht mehr sehen.

Eine angemessene Endkontrolle der Blister sei „stichprobenartig und risikoorientiert in der Apotheke mit Dokumentation erforderlich“, erst dann könne nach Freigabe die Auslieferung durch die Apotheke erfolgen. Vollständig zu prüfen seien mindestens alle Medikationsänderungen und mindestens der Wochenblister eines Patienten vollständig zu prüfen. Eine Kopie der zugehörigen Herstellungs- und Prüfprotokolle der herstellenden Firma müsse in der Apotheke vorliegen. Die Betriebshaftpflicht sei entsprechend zu erweitern.

Außerdem bestätigten die Pharmazieräte einen Beschluss der Arbeitsgruppe für Arzneimittel-, Apotheken-, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AATB), wonach die Umarbeitung einer bereits hergestellten Zytostatika-Lösung für einen anderen Patienten nicht zulässig ist, auch nicht nach §11/1 ApBetrO. „Es ist also weder erlaubt, Wirkstoff zuzugeben, zu entnehmen oder die Zubereitung zu verdünnen. Es sind deshalb alle Rückläufer grundsätzlich zu vernichten.“

Eine Klarstellung gab es, dass laut ApBetrO ein Teearbeitsplatz in jeder Apotheke vorgeschrieben ist – unabhängig davon, ob Mischungen tatsächlich hergestellt werden. Für die Aufbewahrung der vorgeschriebenen Dokumenation nach Schließung einer Apotheke fordern die Pharmazieräte vom Gesetzgeber eine bundesweit einheitliche Regelung. Derzeit müssen je nach Bundesland die Nachfolger oder Erben die Unterlagen bis zu 30 Jahren lang aufheben, in anderen Bezirken sind die Dokumente der Aufsicht zu übergeben. Beim nächsten Gesetzesvorhaben solle das Bundesgesundheitsministerium (BMG) doch bitte grundsätzlich vorgeben, was mit den Unterlagen geschehen solle, so Bauer. Es geht um die Dokumentation nach Betäubungsmittelgesetz, Transfusionsgesetz sowie der Herstellung und Prüfung von Arzneimitteln.

Außerdem geben die Pharmazieräte den Hinweis, dass das kostenlose Stellen oder Veblistern einen Verstoß gegen §299 StGB darstellen könnte. Dass der Gratisservice – wie er von Heimen gelegentlich erwartert wird – nach dem neuen Anti-Korruptionsgesetz strafbar sein könnte, hatten schon Juristen warnend zu Protokoll gegeben. Auch die Pharmazieräte geben bei jedem genehmigten Heimversorgungsvertrag laut Bauer einen entsprechenden Hinweis. Noch hat es allerdings keine gerichtliche Klärung dazu gegeben.

Ein Appell wegen der Zunahmen der Lieferengpässe richten die Pharmazieräte an die Hersteller: Derzeit bestünden bei vielen, zum Teil akut erforderlichen Arzneimitteln wie Adrenalinpens Lieferengpässe, „die teilweise durch abweichende Lieferwege verursacht werden“. Es sei daher nicht möglich, Patienten rechtzeitig oder überhaupt mit den benötigten Arzneimitteln zu versorgen. „Die APD fordert die pharmazeutischen Unternehmen auf, dem Pharmagroßhandel ausreichende Mengen dieser Arzneimittel zur Verfügung zu stellen, damit die Apotheken ihren Versorgungsauftrag zeitnah erfüllen können. Vor allem bei den sofort benötigten Notfallpräparaten muss eine zeitnahe Belieferung gewährleistet sein“, so die Resolution.

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