„Ein Fall, der sprachlos macht“

Hochpreiser-Retax: 1500 Euro Verlust wegen Monatswechsel

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Berlin -

Apotheken kämpfen täglich mit dem Retaxationsrisiko, wenn sie hochpreisige Medikamente beliefern; so auch Susanne Bormann, Inhaberin der Apotheke im Nordharz-Center in Blankenburg. „Die Krankenkasse hat uns mit fast 1500 Euro retaxiert, weil zum Monatswechsel die Festbeträge gesenkt wurden“, erklärt sie. Der Fall mache sie sprachlos.

Am 30. August hatte ein Patient ein Rezept über einen Hochpreiser vorgelegt. „Er benötigte dieses Medikament dringend, deshalb habe ich Reblozyl 25 mg umgehend bestellt“, erklärt Bormann. So wie es Pflicht sei, da es für Apotheken einen Kontrahierungszwang gibt.

Weil das Wochenende dazwischen lag, erfolgte die Abholung erst drei Tage später. „Nun machte uns die Kasse aber einen Strich durch die Rechnung und retaxierte das im vergangenen Jahr belieferte Rezept auf Null“, erklärt die Inhaberin fassungslos. Somit bleibt sie auf fast 1500 Euro sitzen. „Die Begründung für die Preiskorrektur war eine Senkung der Festbeträge zum Monatswechsel.“

Die Abrechnung der Kasse erfolgte zum Preis am Tag der Abgabe. „So sieht es der Rahmenvertrag vor.“ Aber: „Am 1. September wurde der Festbetrag deutlich gesenkt, somit entstand für uns eine gewaltige Lücke, obwohl wir nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt haben“, ärgert sich die Inhaberin. „Es ist unsere Pflicht zu beliefern, auch wenn dadurch Verluste entstehen, und gleichzeitig ist unser Risiko grenzenlos.“

Fairness gefordert

Man dürfe nicht abwarten: „Nur weil ein Monatswechsel bevorsteht, darf ich die Belieferung nicht ablehnen. Und wenn ich es doch tun würde, hieße es: unethisch, versorgungsfeindlich und gegen den Versorgungsauftrag“, stellt sie klar. „Aber wenn wir korrekt beliefern, dann bleiben wir auf den Kosten sitzen?“ Sie fordert „Fairness, Augenmaß und Kulanz.“ Denn: „Der Rahmenvertrag bietet mit § 22 die Möglichkeit, Retaxationen auszusetzen, wenn kein grober Fehler vorliegt.“

So sei diese Abgabe laut Bormann kein grobes Vergehen. „Die Bestellung erfolgte vor der Preisänderung, die Abgabe unmittelbar danach, sprich ohne Einflussmöglichkeit.“ Sie fragt sich: „Wie sollen wir denn wirtschaftlich arbeiten und die Versorgungssicherheit garantieren, wenn das Risiko allein auf unseren Schultern liegt?“ Umso deutlicher macht sie: „Apotheken sind das Rückgrat der wohnortnahen Versorgung. Wir übernehmen Verantwortung – Tag für Tag.“ Aber man brauche rechtliche und wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die diese Verantwortung nicht zur Existenzfrage machen, betont Bormann.

„Wir brauchen mehr Sichtbarkeit für solche Mechanismen.“ Auch Patient:innen, Politik und Krankenkassen sollten verstehen: „Wir arbeiten korrekt, aber wir sind keine Preisausfallversicherer.“

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