Fehlermanagement

Fehler-Register: Aus Pannen lernen

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Berlin -

Fehler können überall passieren – auch in Apotheken. Der weiße Kittel schützt vor Versagen nicht. Die Apothekerkammern Nordrhein (AKNR) und Westfalen-Lippe (AKWL) setzen auf Transparenz. Apotheker können Pannen, die ihnen passiert sind, anonym melden – so können die Kollegen mögliche Fehlerquellen erkennen und vorbeugen. Bei CIRS-Pharma wird niemand an den Pranger gestellt – es ist vielmehr ein Lernsystem, um die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) zu verbessern. Ein ähnliches Modell gibt es in Österreich.

Dr. Oliver Schwalbe ist Abteilungsleiter Aus- und Fortbildung und AMTS bei der AKWL. Der Apotheker ist Ansprechpartner für das CIRS-Pharma (Critical Incident Reporting-System). Apotheker aus ganz Deutschland können in dem Fehlerberichts- und Lernsystem anonym geschehene und abgewendete Medikationsfehler melden. Dazu bietet die Plattform ein Berichtsformular, das den Vorfall in der Apotheke erfasst.

In Schwalbes Team bearbeiten Carina John und Annabelle Heimig alle eingehenden Berichte, denn diese werden in einem „Quarantänebereich“ gesammelt. Bevor veröffentlich wird, werden alle Daten gänzlich anonymisiert. „Es wird keine IP-Adresse festgehalten“, so Schwalbe. „Wir wollen niemanden an den Pranger stellen.“ Vielmehr geht es um eine sachliche Analyse. „Emotionalität trägt nicht zur Fehlerbehebung bei.“ Außerdem wird zu jedem Fallbericht ein Fachkommentar erstellt.

CIRS-Pharma ist im Mai vergangenen Jahres gestartet, bislang haben Apotheker etwa 75 Fallberichte eingestellt. „Ein Selbstläufer“ ist die Plattform nicht, dennoch ist sie laut Schwalbe eine Chance für Apotheker, das Risikomanagement zu erweitern. Sie bietet einen Überblick, welche Fehler in anderen Apotheken passieren können, wie mit den Patzern umgegangen wird und wie ihnen vorgebeugt werden kann.

Schwalbe sieht CIRS-Pharma als „niedrigschwelligen Ansatz, sich mit der AMTS zu beschäftigen“. Der offensive Umgang mit Fehlern könne helfen, aus ihnen zu lernen und Lösungsansätze zu entwickeln. Zwar werden Fehler bei der Abgabe und in anderen Bereichen im QMS dokumentiert und in Fehlerprotokollen festgehalten. Werden sie auch in CIRS-Pharma eingepflegt, kann nicht nur das Team, sondern auch die Kollegenschaft sensibilisiert werden. Schwalbe will auf lange Sicht eine Patientensicherheitskultur entwickeln. Apotheker müssten durch die Anonymisierung der Daten keine juristische Konsequenzen fürchten. Es gehe darum, „Schwachstellen zu identifizieren und an alle zu kommunizieren“. Die Patientensicherheit und die Fehlervermeidung stehen im Vordergrund.

Nicht nur die Menschen in der Apotheke können eine Fehlerquelle sein, sondern auch die Maschinen. So wurden Berichte zu Rezeptscannern eingestellt. Die Rezepterfassung kann einen fehlerhaften Datenabgleich mit sich ziehen und „Beinahe“-Fehler verursachen, wenn das pharmazeutische Personal das Rezept nicht mit genügend Sorgfalt prüft. Außerdem sind sogenannte „look-alike-drugs“ und „sound-alike-drugs“ als Fehlerquelle in Fallberichten erfasst worden.

Das gleiche Ziel verfolgt auch die Österreichische Apothekerkammer (ÖAK) mit ApoCIRS. Das System ist bereits seit vier Jahren etabliert. Alle Kammermitglieder können über das Intranet auf das Fehlermanagementsystem zugreifen. Dokumentiert werden zum Beispiel Fallberichte zu falschen Dosierungen, Rezepturfehlern, fachliche Fehleinschätzungen bei der Arzeimittelabgabe, kritische Verschreibungen oder auch Missverständnisse zur ärztlichen Verordnung. Auch hier werden die Berichte anonymisiert.

Apotheker können Fehler zu verschreibungspflichtigen und freiverkäuflichen Präparaten melden. Häufen sich Meldungen zu einem bestimmten Thema, meldet die Kammer die Vorfälle an die Industrie oder die Ärzte. Kommt es häufig zu Patzern durch „look-alike-drugs“ werden die Hersteller informiert, um entsprechende Maßnahmen zur Fehlervermeidung zu ergreifen. Auch Fehler durch unterschiedliche Dosierungsangaben auf der Umverpackung wie beispielsweise bei Antibiotikasäften werden der Industrie gemeldet, wenn sie vermehrt auftreten.

Projektleiter Viktor Hafner hofft, dass Apotheker die Meldung bei ApoCIRS in ihren Arbeitsalltag integrieren und Fehler festhalten. Die Meldung wird in das Intranet eingestellt und dann von einem Gremium aus Apothekern bearbeitet, das Alternativ- und Lösungsvorschläge entwickelt und dann freigeschaltet. Einmal im Monat sollte jeder Pharmazeut einmal in das System schauen, so Hafner.

Die Kammer informiert in ihrem Rundschreiben über gemeldete Fehler und zeigt anhand der Beispiele Lösungsvorschläge auf. Zudem wird auf Fortbildungen und in der Kammerzeitung über ApoCIRS informiert.

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