Im Zusammenhang mit der AvP-Pleite ließen sich viele Apothekerinnen und Apotheker durch Dr. Morton Douglas vertreten. Der Anwalt der Kanzlei Friedrich Graf Westphalen hatte seinen Mandanten inständig zum Vergleich geraten – und hält dies nach wie vor für richtig. Die aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH), die unter den Betroffenen heiß diskutiert wird und neue Hoffnungen geweckt hat, sieht er als „interessante Wendung“, mehr aber auch nicht.
Laut Douglas kommt das Urteil des BGH überraschend, wirtschaftlich sei es jedoch wohl von geringer oder möglicherweise gar keiner Bedeutung für die betroffenen Apotheken. Aus seiner Sicht sei der geschlossene Vergleich nach wie vor die richtige Lösung.
In einem Schreiben an seine Mandantinnen und Mandanten argumentiert er wie folgt: „Unterstellt, der BGH sieht eine Nichtigkeit der Abtretung vor, würde dies für alle Verträge mit Apotheken und anderen Leistungserbringern (z.B. Sanitätshäusern) gelten.“ Dies bedeute, dass die bei AvP vorhandenen Gelder in gleichem Maße unter den Apotheken und gegebenenfalls anderen Leistungserbringern hätten aufgeteilt werden müssen.
In Summe hätte aus seiner Sicht gar nicht signifikant mehr Geld verteilt werden können: „Selbst wenn dann zu einem späteren Zeitpunkt durch einen anderen Verteilungsschlüssel der Aussonderungsberechtigten zum Beispiel 5 Prozent mehr ausgezahlt worden wären, so wäre dieser um 5 Prozent höhere Betrag aber erst deutlich später ausgezahlt, sodass dem ein Zinsnachteil gegengerechnet werden müsste.“
Unklar bleibt, woher Douglas diese Zahl nimmt. Insgesamt sollen die Gläubiger im Insolvenzverfahren Forderungen in Höhe von 626 Millionen Euro angemeldet haben, davon entfallen 309 Millionen Euro auf die Apotheken. Auch auf die Frage, ob der Vergleich unter den neuen Vorzeichen angefochten werden könnte, geht Douglas in seinem Schreiben nicht ein.
Ob es überhaupt Aussonderungsrechte gibt, wurde durch den BGH noch nicht entschieden; die Sache wurde an das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) zurückverwiesen. Laut Douglas dürfte entscheidend sein, ob die Gelder auf den Konten von AvP „vermischt“ waren. In diesem Fall hätte man nämlich gar nicht ohne Weiteres „seinen Anteil“ herausfordern können. „Ob und welche Möglichkeiten hier bestehen, müssten dann in einem weiteren Rechtstreit geklärt werden.“
Stattdessen gibt er zu bedenken, dass es steuerrechtlichen Konsequenzen geben könnte. Während nach dem Verzicht auf die Aussonderungsrechte im Rahmen des Vergleichs der uneinbringliche Teil der Forderung als Verlust steuermindernd geltend gemacht werden könnte, wäre dies nicht möglich, wenn man weiter Inhaber der Forderung sei – unabhängig davon, ob sie einbringlich sei oder nicht. „Welche Konsequenzen dies dann nach sich ziehen würde, müsste im Einzelfall mit einem Steuerberater geprüft werden.“ Laut Douglas könnte das Ergebnis aus steuerrechtlicher Sicht sogar nachteilig sein.
Und was Forderungen gegenüber den Krankenkassen angeht, hat die BGH-Entscheidung laut Douglas ohne nur sehr eingeschränkte Bedeutung. Denn gemäß den Lieferverträgen erfolgt die Zahlung der Kassen an die Rechenzentren immer mit schuldbefreiender Wirkung. „Ausdrücklich vorgesehen in Arzneimittellieferverträgen ist dabei auch, dass dies selbst dann gilt, wenn der Vertrag zwischen der Apotheke und dem Rechenzentrum einen Mangel hat, zum Beispiel unwirksam ist.“
Eventuell noch zurückbehaltene Beträge müssten dagegen jeweils gegenüber den einzelnen Kassen geltend zu machen. Dabei hätte jede Apotheke nachweisen müssen, welchen Betrag diese einzelne Kasse noch nicht an AvP gezahlt habe. „Bei einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von fünf Jahren bei den Sozialgerichten sowie der Tatsache, dass den Unterlagen weder von AvP noch den gesetzlichen Krankenkassen entnommen werden konnte, welche Krankenkasse in welcher Höhe für welche Apotheke bereits gezahlt hat, wären dies sehr aufwendige Verfahren gewesen.“
Und so lenkt der Anwalt den Blick zum Schluss auf die anstehende letzte Vorabausschüttung: „Die durch die Vereinbarung vorgesehene 4. Auszahlung ist durch diese Entscheidung nicht tangiert.“ Der Insolvenzverwalter habe gerade erst noch einmal bestätigt, dass die Auszahlung noch im ersten Quartal erfolgt.
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