ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

BMG legt nach: Faktenblatt II

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Berlin -

Mit seiner als „Faktenblatt“ getarnten Polemik gegen den Apothekenprotest hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Anfang der Woche der Streikbereitschaft der Apothekenteams den letzten Schub verliehen. Bei der Demo am 14. Juni will das Ministerium nachlegen und ein zweites Factsheet als Flugblatt verteilen.

„DIE WAHRHEIT ÜBER DIE APOTHEKEN“, steht über der langen Auflistung, die alle Abteilungen des BMG in der laufenden Woche zusammengetragen haben. Auf 4x2 Metern – als Replique auf die XXL-Briefe der Abda – sind dort 666 Fakten über Apotheken zusammengetragen. Ein Auszug:

  • Apotheken tragen oft putzige Tiernamen. Doch weder gibt es in Flamingo-Apotheken Flamingos, noch in Koala-Apotheken Koalas. Eine dreiste Täuschung.
  • Die oberen 5 Prozent der Apotheken liegen nach Umsatz (zum Teil deutlich!) über dem Durchschnittswert aller Apotheken.
  • Während Corona war ganz Deutschland im Lockdown, mindestens in Kurzarbeit. Nicht so die Apotheken, die einfach weiter Kasse gemacht haben!
  • Ein hochwertiges Magazin kostet am Kiosk mindestens 6 Euro. Die Apotheken kaufen ihre Hefte aber deutlich günstiger ein und profilieren sich bei der kostenlosen Abgabe als großzügige Gönner.
  • >95 Prozent der „Alten Apotheken“ wurden erst nach 1495 gegründet.
  • Apotheken führen schon heute „Teedrogen“. Minister Lauterbach wird sie mit der Cannabis-Legalisierung also aus der Kriminalität herausführen.
  • Das Apotheken-A ist ein Nazi-Zeichen (Quelle: Böhmermann).
  • 26 Prozent der Apotheker:innen haben im Notdienst schon einmal geschlafen.

Das Faktenblatt will Lauterbach direkt auf der Demo in Berlin verteilen lassen. Überflugrechte konnte er zwar nicht herausschlagen, aber über Drohnen sollen die großformatigen Plakate unters demonstrierende Volk gebracht werden. Die Krankenkassen haben sich angeboten, eine kostenlose Aussendung über ihre Mitgliedermagazine zu verbreiten.

Das echte Faktenblatt des BMG zum Protest der Apotheker hangelte sich am Montag ebenfalls eher peripher an der Wahrheit entlang: Keine Fake News, aber False News insofern, als die Kunst der Auslassung die Feder führte. Umsatz und Ertrag verwechselt, lautete das vernichtende Fazit der Abda dazu. Als Lauterbach dann auch noch das vermeintlich mickrige Salär der Pflegekräfte ins Feld führte, war dem wirklich nichts mehr hinzuzufügen. Fast nichts mehr.

Die Kassen dagegen, sonst um keine Spitze verlegen, halten sich diesmal zurück. Da sich der Protest gegen die Politik richte, wolle man sich nicht in den Weg stellen, lehnte der GKV-Spitzenverband eine Kommentierung süffisant ab. Nur der AOK-Bundesverband gab in der Tagesschau halbwahrheitsgetreu zu Protokoll, dass Apotheken doch an jeder Preiserhöhung mitverdienten.

Die Medien ließen sich vom Störfeuer jedenfalls nicht beeinflussen – anscheinend haben die Apothekerinnen und Apotheker, die früher durchweg kritisch beäugt wurden, in den vergangenen Jahren viel richtig gemacht.

Die Abda wiederum setzt darauf, dass der Berufsnachwuchs weitere Sympathien einsammeln kann. Zugegeben, bei AByou mischen nicht unbedingt Berufseinsteiger mit, sondern gestandene Apotheker:innen im besten Alter mit bis zu vier Apotheken. Und die Kampagne „Gegen Zukunftsklau“ kann in den sozialen Medien sicher noch ein bisschen zulegen. Aber war ja auch noch Meran diese Woche. Geschenkt. Die Basis macht mit, engagiert sich, wird kreativ, steht zusammen und damit irgendwie auch hinter der Abda. All das gab es lange nicht. Und die Adexa ist auch am Start, alle beide.

Dass die Apothekerinnen und Apotheker auf dem richtigen Kurs sind, zeigt auch die Tatsache, dass sich ein Veteran in Sachen Liberalisierung zu Wort gemeldet hat. Dr. Fritz Oesterle, der vor 15 Jahren als Celesio-CEO mit DocMorris den Apothekenmarkt knacken wollte, brachte im Manager Magazin einen ganzen Schwung an abgedroschenen Parolen zu Papier. Muss an dieser Stelle nicht aus dem Nachrichtenstrom zurückgeholt werden.

Zurück in die eigene Vergangenheit geholt werden rund 800 Apotheken, die eigentlich gehofft hatten, von der AvP-Pleite verschont geblieben zu sein. Doch jetzt fordert der AvP-Insolvenzverwalter Zahlungen zurück, die kurz vor dem Aus des Rechenzentrums noch ausgekehrt wurden. Hintergrund ist eine Lex BaFin. Gute Nachrichten aus dem Verfahren: Ein Vergleich mit Teilausschüttung wird angestrebt.

Im Schatten des Proteststurms ist auch eine Entscheidung des OLG Brandenburg ergangen, die noch weitreichende Folgen für den Markt bedeuten könnte. Skonto ist demnach dasselbe wie Rabatt, weil der Großhandel geschützt werden muss, sollen alle Apotheken ihre Konditionen abgeben müssen. Passt andererseits hervorragend in die nächste Woche: Wenn die Apotheken wirtschaftlich auf Skonto und Rabatt angewiesen sind, dann ist es allerhöchste Zeit, für die Honorarerhöhung auf die Straße zu gehen. In diesem Sinne: Schönes Wochenende! Nächste Woche gilt es!

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