Zahlungen angefochten

AvP-Insolvenz: 800 Apotheken sollen Geld zurückzahlen

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Berlin -

Im September 2020 musste das Rechenzentrum AvP Insolvenz anmelden. Tausende Apotheken sitzen seitdem auf offenen Forderungen. Etwa 800 Kolleginnen und Kollegen hatten mehr Glück: Sie hatten wenige Tage vor dem Insolvenzantrag noch eine Abschlagszahlung erhalten. Doch genau diese Gelder fordert Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos jetzt zurück. Mit einzelnen Apotheken will er exemplarische Verfahren über die Rückforderungen führen.

Rund 3500 Apotheken hatten ihre Rezepte bei dem privaten Anbieter aus Düsseldorf abgerechnet. Doch Anfang September 2020 warteten sie vergeblich auf ihre Abschlagszahlung. Inhabers Matthias Wettstein versuchte noch zu beschwichtigen und schob einen Serverumzug und technische Schwierigkeiten vor. Die Überweisungen müssten händisch durchgeführt werden, hieß es. Und tatsächlich erhielten einige Apotheken ihr Geld.

Doch es waren nur noch die letzten Zuckungen: Der von der BaFin eingesetzte Sonderbeauftragten Ralf R. Bauer stellte am 15. September 2020 einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Düsseldorf. Gegen Wettstein wird seitdem ermittelt, in einem weiteren Verfahren wurde er wegen Steuerhinterziehung zudem zu einer Haftstrafe verurteilt.

Vergleichsangebot an Apotheken

Insolvenzverwalter Hoos und sein Team versuchen seit zweieinhalb Jahren, das Chaos aus Ansprüchen, Aussonderungsrechten, Zahlungen und Abschlägen zu entwirren. Mit einem Abschluss des Verfahrens ist zeitnah nicht zu rechnen, immerhin soll ein Vergleich nun eine Ausschüttung ermöglichen.

Schlechte Nachrichten gibt es indes für die Apotheken, die in den letzten Tagen von AvP noch von Wettstein bedacht wurden: Hoos hat eine mögliche Anfechtbarkeit dieser Zahlungen in Abstimmung mit dem Gläubigerausschuss durch eine externe Rechtsanwaltskanzlei prüfen lassen. „Diese Prüfung kommt zu dem Ergebnis, dass die am 11.09.2020 geleisteten Abschlagszahlungen anfechtbar sind“, teilt der Insolvenzverwalter mit.

Einzelne Prozesse geplant

Als Insolvenzverwalter sei er „gesetzlich verpflichtet, diese Anfechtungsansprüche weiterzuverfolgen“, so Hoos. Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC sind etwa 800 Apotheken von dieser Anfechtung betroffen. Hoos will nicht mit allen vor Gericht, weil die Prozesse gleichgelagert sind. „Eine gerichtliche Geltendmachung werde ich daher zunächst allenfalls in einigen exemplarischen Fällen vornehmen“, kündigt der Insolvenzverwalter an.

Das weitere Vorgehen werde derzeit noch mit dem Gläubigerausschuss sowie den anwaltlichen Vertretern der Apotheken und dem Apothekerverband Nordrhein (AVNR) abgestimmt, so Hoos. „Auf die betreffenden Apotheken werde ich anschließend mit weiteren Informationen und voraussichtlich einem Vorschlag für eine außergerichtliche Einigung zukommen“, kündigt der Insolvenzverwalter an. Die Apotheken, die das Geld seinerzeit erhalten haben, stehen ohnehin nicht unter zeitlichem Druck.

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