Vergleichsangebot

AvP: 25 Prozent vorab für Apotheken

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Berlin -

In der Aufarbeitung der AvP-Pleite hat Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos den Apotheken ein Vergleichsangebot geschickt: Sie bekommen – je nach Fälligkeitszeitraum – 25 bis 35 Prozent ihrer Forderungen vorab ausbezahlt, wenn sie im Gegenzug auf etwaige Aussonderungsrechte verzichten. Der Deal kommt nur zustande, wenn damit 80 Prozent der Forderungen befriedet werden. Danach könnte es eine weitere Auszahlung geben, dann für alle Gläubiger. Die Frist läuft.

Viele der rund 2500 von der Insolvenz des Rechenzentrums betroffenen Apotheken haben die Auffassung vertreten, dass die von den Krankenkassen an AvP überwiesenen Gelder nicht AvP gehört haben, sondern ihnen zustehen. Daher dürften sie nicht Teil der Insolvenzmasse werden, sondern müssten ausgesondert und 1:1 an sie ausgezahlt werden.

Doch in den meisten Gerichtsverfahren konnten die Apotheken ihre Ansprüche nicht durchsetzen, in den beiden ersten Berufungsverfahren vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf hatten die Betroffenen ihre Anträge nach entsprechenden Hinweisbeschlüssen zurückgenommen.

Hoos wiederum hat kein Interesse, die Sache vor Gericht durchzufechten, weil er nichtsdestotrotz erhebliche Kostenrisiken sieht und bis zu einem höchstrichterlichen Urteil noch Jahre vergehen müssten, in denen die Gläubiger kein Geld bekämen, er aber die Infrastruktur aufrechterhalten müsste. Bei einem Vergleich wären deutlich frühere Auszahlungen möglich – erst an die Apotheken, dann an alle Gläubiger.

Laut dem Vergleich, den er mit dem Apothekerverband Nordrhein (AVNR) ausgehandelt hat, sollen die Apotheken vollumfänglich auf jegliche Aus- oder Absonderungsrechte verzichten, im Gegenzug erhalten sie einen prozentualen Anteil ihrer Forderungen vorab. Der Rest wird Teil der freien Masse und in einem zweiten Schritt an die Insolvenzgläubiger – und damit auch an die Offizinapotheken als weitaus größte Gläubigergruppe – ausbezahlt. „Mit Ihrer verbleibenden Insolvenzforderung nehmen Sie weiterhin an dem Insolvenzverfahren teil“, so Hoos gegenüber den Apotheken.

Beitreten können dem Vergleich alle Apotheken, aber auch Dritte, denen neben der Insolvenzforderung auch die behaupteten Aus- und Absonderungsrechte abgetreten wurde. Dagegen ist für Apotheken, deren Klage auf Aussonderung rechtskräftig abgewiesen wurde, kein Beitritt mehr möglich.

Die ersten Schreiben wurden in der vergangenen Woche verschickt, neben den Rahmenvertrag ist ein Beitrittsformular enthalten, auf dem ein Forderungsbetrag ausgewiesen wird. Dieser muss nicht mit der angemeldeten Forderung übereinstimmen, erklärt Hoos. Denn unter Umständen seien weitere Forderungen anerkannt worden. Andererseits könnte der Betrag auch niedriger sein, etwa weil Kassen Retaxationen ausgesprochen hätten oder bestimmte Beträge wie Rechtsanwaltskosten als Nebenforderungen qualifiziert worden sein, die nicht in den Bereich der strittigen Aussonderungsrechte fielen.

Sollten Apotheken mit dem Betrag nicht einverstanden sein, können sie ihre Einwände per E-Mail schriftlich darlegen, gegebenenfalls wird die Summe dann korrigiert. Auf keinen Fall sollten eigenmächtig Änderungen vorgenommen werden, weil dadurch der Beitritt unwirksam würde.

Die Apotheken haben zwei Monate lang – also bis Oktober – Zeit, dem Vergleich zuzustimmen. Dabei muss je IK eine eigene Beitrittserklärung abgegeben werden. Kommt das Quorum zustande, überweist Hoos das Geld in drei Tranchen an einen Treuhänder:

  • Von den auf den Altgeschäftskonten von AvP gefundenen Geldern sollen innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf der Beitrittfrist 25 Prozent an den Treuhänder überwiesen werden. Separiert werden vorher die Forderungen derjenigen Apotheken, die dem Vergleich nicht beitreten. Sie sollen der Insolvenzmasse zufließen, sobald gerichtlich geklärt ist, dass keine Aussonderungsrechte bestehen.
  • Von den nach Anordnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens von den Kassen überwiesenen Geldern sollen 35 Prozent der auf die Rezepte der beigetretenen Apotheken entfallenden Gelder an den Treuhänder gehen, ebenfalls innerhalb von zwei Monaten.
  • Offene Beträge, die die Kassen noch nicht ausgezahlt oder bei Gericht oder Treuhändern hinterlegt haben, werden durch den Beitritt zur Auszahlung an den Insolvenzverwalter freigegeben, bei Zahlung innerhalb von zehn Tagen wird er Kassenabschlag abgezogen. Auch hier sollen 35 Prozent an den Treuhänder gehen, allerdings erst in der zweiten Tranche nach vier Monaten. Weigern sich Kassen, will Hoos dort, wo Erfolgsaussichten bestehen, klagen.
  • Von den Herstellerabschlägen, die bei AvP über die ebenfalls insolvente Schwesterfirma DiG (Dialog im Gesundheitswesen) abgewickelt wurden, will Hoos einen Anteil von 15 Prozent der Forderungen überweisen. Berechnet wird diese Summe nach dem Verhältnis der Forderungen von beigetretenen und nicht beigetretenen Apotheken.
  • Weitere Zahlungen, die noch eingehen sollten, will Hoos mit der letzten Tranche zehn Monate nach Ablauf der Beitrittsfrist überweisen.

Der Treuhänder verteilt das Geld nach dem Verhältnis der Forderungen und zahlt die Beträge jeweils innerhalb eines Monats nach Eingang an die Apotheken aus. Zinsen werden gutgeschrieben, Gebühren und Kosten abgezogen. Der Treuhänder erhält für seine Tätigkeit vor der Ausschüttung einmalig 25.000 Euro, der AVNR zur Erstattung seiner Rechts- und Beratungskosten 496.000 Euro.

Alle Gelder, die dann noch übrig sind, werden Teil der Insolvenzmasse. Und schon zwei Monate nach der dritten Tranche will Hoos eine „angemessene Abschlagsverteilung“ an die Gläubiger einleiten.

Scheitert der Vergleich, will Hoos den Streit um die Aussonderungsrechte gerichtlich klären lassen. „Bis die Frage jedoch höchstrichterlich entschieden ist, würden voraussichtlich noch mehrere Jahre vergehen, in denen keine Auszahlungen an die Gläubiger erfolgen können. Das Erreichen des Quorums und das Zustandekommen des Vergleichs ist daher für alle Beteiligten dieses Insolvenzverfahrens vorteilhaft und ich begrüße es, wenn Sie dem Vergleich beitreten.“

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