ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Schnelltesttestkäufer macht die Runde

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Berlin -

Der Alltag in den Apotheken hat sich verändert: Plexiglas trennt PTA und Kunde, die Maske ist gefragter als die Umschau und Desinfektionsmittel ist der neue Traubenzucker. Was fehlt sind die Kontrollen: Keine Revision, kein TV-Team mit versteckter Kamera, nicht einmal ein Glaeske mit falschem Schnurrbart. Aber zumindest in dieser Hinsicht könnte ein Stück Normalität in die Apotheke zurückkehren: Bestimmt streunen bald die ersten Schnelltesttestkäufer in die Offizin.

Die Sehnsucht nach dem Ende der Corona-Krise ist so groß wie vergebens. Und vermutlich geht es den meisten Kunden bei der Frage nach einem Covid19-Antikörper-Schnelltest auch nicht so sehr um die Herdenimmunität. Die Tests reagieren zwar nicht so zuverlässig wie der GKV-Spitzenverband auf ein Botendienst-Honorar für die Apotheker, sind aber trotzdem gefragt.

Kein Wunder, dass sich auch Apotheker dafür interessieren. Einige haben die Tests schon getestet und ehrlich interessierte Kunden damit versorgt. Doch schon stehen die standesvertretenden Juristen mit beiden Füßen auf der Euphoriebremse: Apotheken dürfen solche Tests nicht verkaufen, geschweige denn durchführen. Bei Verstößen gegen das Abgabeverbot drohen bis zu 30.000 Euro Bußgeld – wenn es ganz ganz schlimm kommt.

Im gleichen Maße, wie laut einer aposcope-Befragung das Interesse der Apotheker sinkt, dürfte es bei Kontrollfreaks steigen. Der Schnelltesttestkäufer – in wessen Auftrag auch immer – wird die Offizin heimsuchen. Und wehe dem unbedarften Apotheker, der dann die Spezifität erklärt und den Verkauf bongt. Also entweder keine Schnelltests verkaufen (besser) oder auf folgende Merkmale achten, an denen man den Schnelltesttestkäufer erkennt:

  • Fragt meist scheinbar beiläufig nach einem Covid19-Schnelltest
  • Ist trotzdem sehr in Eile, „schnell, schnell, ein Schnelltest, ich stehe im Parkverbot“
  • Hat auf die Nachfrage, ob er denn ein Risikopatient sei, eine übertrieben ausschweifende Antwort
  • Verlässt auf die nächste Nachfrage, ob er vielleicht Testkäufer sei. fluchtartig die Apotheke
  • Sieht trotz Trenchcoat, Mund-Nasen-Schutz und Augenbinde dem verfehdeten Kollegen von der anderen Straßenseite zum Verwechseln ähnlich.

Keine Sorge, wo kein Testkäufer, da kein Kläger, da kein Richter. Aber das mit den bis zu 30.000 Euro stimmt wirklich, also sollte man sich das mit dem Schnelltestverkauf lieber gut überlegen. Zumal es ja ab sofort eine neue Einkommensquelle gibt: den Botendienst. Die 5 Euro, die die Kassen zähneknirschend springen lassen müssen, machen den Service zwar nur innerhalb des eigenen Straßenzuges wirklich lukrativ, aber es ist immerhin eine nette Geste von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Er fand sie selbst so nett, dass er sich in einem Dankesbrief an die Apotheken gleich dafür loben konnte, der Fuchs.

Aber die Kassen haben ihren Widerstand gegen das Extrahonorar noch nicht ganz aufgegeben: Wie der Botendienst-Bonus tatsächlich abgerechnet werden soll, ist noch längst nicht geklärt. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) macht Druck. Das „Was“ und das „Wieviel“ seien bereits in der Verordnung eindeutig geklärt. „Der Botendienst wird in jedem Fall ab dem 22. April 2020 vergütet.“ Man erwarte vom GKV-Spitzenverband, dass dieser einer unkomplizierten und pragmatischen Abrechnungslösung in den nächsten Tagen zustimmen werde, so die harsche Ansage an den Verhandlungspartner.

Im Vorjahresvergleich signifikant bis exorbitant gestiegen ist der Apothekenumsatz mit Atemschutzmasken. Eine Goldgrube ist das sicher nicht, weil parallel zur weltweit gestiegenen Nachfrage die Einkaufspreise explodieren und der gemeine Verbraucher sehr schnell geneigt es, Apothekerpreise und Wucher, Wucher zu schreien. Dabei sind die meisten Kollegen mit ihren Aufschlägen eher zurückhaltend.

Vermummt im Handverkauf – das gilt für beide Seiten. Denn sonst, man ahnt es, droht schon wieder Bußgeld, diesmal aber nur 5000 Euro. Der Schnelltestestkäufer wir nach einer kurzen Nachschulung zum maskierten Maskenjäger. Auch hier ist die Beschaffung der Flaschenhals. Umso mehr muss man beim Einkauf aufpassen. Die EU warnt vor bestimmten Import-Masken.

Wenn also weder mit Masken, noch mit Schnelltests Geld zu verdienen ist, muss man sich auf das klassische Rx-Geschäft zurückbesinnen. Das ist allerdings ein verteilter Markt, also muss man der Konkurrenz Rezepte wegnehmen. Wie macht man das? Eine Rezeptsammelbox im Edeka neben der Apotheke des Mitbewerbers. Geht nicht? Geht doch, sagt das Bundesverwaltungsgericht. Die Apotheke benötigt nur eine Versanderlaubnis, dann darf sie sogar den Botendienst schicken. Merkwürdiges Urteil, Restlaufzeit bis zur Einführung des E-Rezepts.

Während die Wiederbelebung des Einzelhandels vor allem die Apotheker in den Einkaufszentren aufatmen lässt, müssen die Flughafen-Apotheker noch die Zähne zusammenbeißen und irgendwie durchhalten. Ohnehin ist fraglich, wie lange die Lockerungen Bestand haben werden. Virologen warnen eindringlich vor einer zweiten Corona-Welle. Auch das Robert Koch-Institut (RKI) mahnt weiter zur Vorsicht.

Und eine zweite Welle im Herbst könnte gravierende Folgen haben, denn dann kommt auch die Grippe- und Erkältungssaison in Gang. Das Fenster, um später Risikogruppen umfassend gegen Influenza impfen zu können, schließt sich gerade. Und wenn der Corona-Impfstoff irgendwann da ist, will Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sogar eine Corona-Impfpflicht. Bis die Impfgegner dagegen in Kleingruppen auf die Straße gehen, haben wir vermutlich noch viele andere Herausforderungen zu stemmen. Bleiben Sie gesund! Schönes Wochenende!

 

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