Berliner Apothekenräuber: „Ich konnte Ihre Angst sehen“ Tobias Lau, 19.02.2019 15:28 Uhr
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Raubserie aus Verzweiflung? Vor dem Landgericht Berlin hat der Prozess gegen einen 28-Jährigen begonnen, der im Herbst 2018 sieben Apotheken überfallen hat. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - In Berlin hat heute der Prozess gegen einen 28-Jährigen begonnen, der vergangenen Herbst sieben Apotheken im Nordosten der Hauptstadt überfallen hat. Er zeigt sich reuig und versucht sein Verhalten umfassend zu erklären: Depressionen, Spielsucht, Perspektivlosigkeit. Mit seinen Opfern konfrontiert, bittet er um Vergebung. Die wiederum haben die Ereignisse durchaus unterschiedlich verarbeitet.
Schaut man sich Celio M. an, kann man sich nur schwer vorstellen, dass er ein siebenfacher Räuber ist. Die Hände wie zum Gebet verschränkt, sitzt er auf der Anklagebank der 12. Strafkammer am Berliner Landgericht. Mit sanfter, fast schüchterner Stimme und auf höfliches Auftreten bedacht erklärt er seine Taten und seinen Lebensweg, der in ihnen kulminierte. Rund 4700 Euro hat er erbeutet – von denen nichts mehr übrig ist. M. streitet nichts ab. Ob er etwas beschönigt, muss hingegen das Gericht entscheiden.
Gewalttätig ist er bei den Überfällen nicht geworden, wohl aber bedrohlich. Wegen schwerer räuberischer Erpressung in sieben Fällen muss er sich nun verantworten. Zwischen dem 9. Oktober und dem 16. November hat er die Apotheken in den Berliner Stadtteilen Weißensee und Hellersdorf stets nach dem gleichen Muster überfallen: In den Abendstunden, kurz vor Ende der Öffnungszeit, kam er in die Offizin und bedrohte die Mitarbeiter mit einem 13 cm langen Messer. „Das Zeigen des Messers war eindeutig so zu verstehen, dass er es auch anwenden würde“, heißt es dazu in der Anklageschrift.
Die befragten Zeuginnen werden das später weniger drastisch schildern, doch zuvor bekommt M. vom Gericht die Möglichkeit, sich ausführlich zu seinen Taten zu äußern. Und er nimmt sie wahr, holt zu Beginn seiner Stellungnahme weit aus. „In den letzten Jahren war mein Leben sehr unstet, ich hatte wenige Ziele und keine klare Struktur“, erklärt er. Dabei sei es bis kurz vorm Abitur einwandfrei gelaufen. „Ich habe eine gute Erziehung genossen, das kann ich sagen“, so der 28-Jährige. „Doch dann, mit 18 in der Abiturphase kam bei mir ein krasser Bruch.“ Er habe sich antriebslos gefühlt, sei immer öfter zu spät zur Schule gekommen, irgendwann dann gar nicht mehr. Die Diagnose: eine schwere depressive Episode. Ab da ging es nach seinen Aussagen abwärts.
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