Staatsanwaltschaft rückt ein

Zytoskandal in Chemnitz

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Berlin -

Gibt es einen zweiten Fall Bottrop? Die Staatsanwaltschaft Chemnitz und die Landesdirektion Sachsen haben eine Apotheke in Chemnitz durchsucht, gegen den Inhaber wird ermittelt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft bestätigte, dass es um den Verdacht des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz und Abrechnungsbetrug geht.

Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC soll im Zytolabor bei den Herstellung grob falsch gearbeitet und die Sterilrezepturen unterdosiert worden sein. Der Inhaber der Apotheke war auf Nachfrage bislang nicht zu erreichen.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte, dass aufgrund einer Strafanzeige der Landesdirektion Sachsen ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz und Abrechnungsbetruges gegen den Inhaber einer Apotheke in Chemnitz eingeleitet wurde.

Im Rahmen dieses Ermittlungsverfahrens wurden am 6. Oktober die Apotheke und das Labor des Beschuldigten in Unterstützung der Landesdirektion Sachsen – Referat Pharmazie – durchsucht und unter anderem Zytostatika „und weitere strafrechtlich relevante Arzneimittel sichergestellt“, so die Ermittlungsbehörde. Die Untersuchung der sichergestellten Proben durch die Landesdirektion Sachsen dauert laut Staatsanwaltschaft an.

Nach Informationen von APOTHEKE ADHOC wurde unter anderem eine vermeintliche Trastuzumab-Zubereitung gänzlich ohne Wirkstoff beschlagnahmt und weitere Rezepturen, die deutlich unterdosiert waren. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft dazu: „Nach ersten Mitteilungen war in einer der sichergestellten Proben kein Wirkstoff, in einer Probe zu viel Wirkstoff und in mehreren anderen Proben lediglich bis zu 70 bis 80 Prozent Wirkstoff.“

Aufgrund der noch andauernden Untersuchungen und fortlaufenden Ermittlungen seien weitere Angaben – auch zum Ausmaß des mutmaßlichen Betruges – derzeit noch nicht möglich, so der Sprecher weiter.

Der Fall weckt düstere Erinnerungen an Bottrop. Der Fall um die dortige Alte Apotheke war einer der größten Medizinskandale der Nachkriegsgeschichte – er hat juristische und politische Nachwirkungen bis heute: Im Herbst 2016 hatten zwei Mitarbeiter der Apotheke – PTA Maria-Elisabeth Klein und der kaufmännische Mitarbeiter Martin Porwoll – aufgedeckt, dass Inhaber Peter Stadtmann jahrelang Zytostatika bewusst unterdosiert, um sich selbst um einen zweistelligen Millionenbetrag zu bereichern. Es folgte eine Razzia im Betrieb und die Festnahme des Inhabers.

Im Juli 2018 hatte das Landgericht Essen Stadtmann wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz in rund 14.500 Fällen sowie Betrugs in 59 Fällen zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Außerdem wurde ein lebenslanges Berufsverbot gegen ihn verhängt. Er ging bis vor den Bundesgerichtshof, um sich gegen das Urteil zu wehren – erfolglos. Das Gerichtsverfahren war umstritten, weil ihm der mutmaßlich wahre Umfang seiner Taten nie nachgewiesen werden konnte.

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