Streik trotz Schließung

„Wir beteiligen uns, obwohl es zu spät ist“

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Berlin -

Das 60-jährige Jubiläum fällt für Jutta Scharnick und ihre Fortuna Apotheke in Bremen leider aus: Die Inhaberin muss ihre Apotheke zum Jahresende schließen. Dennoch zeigt sie Solidarität und lässt die Türen am heutigen Protesttag in der Region „Nord“ geschlossen.

Die Schließung der Fortuna Apotheke war nicht mehr abzuwenden.Foto: Fortuna Apotheke

Die Inhaberin hat schweren Herzens beschlossen aufzugeben: „Die Apotheke, die einst von meinem Vater gegründet wurde, kann nicht fortbestehen“, so das traurige Fazit Scharnicks. „Die ganzen Auflagen, der erhebliche Mehraufwand und die Honorierung sind Dinge, die ich nicht mehr stemmen kann.“ Es sei schon sehr traurig für alle Beteiligten: „Wir haben mehrfach Kunden weinend in der Apotheke gehabt.“

Dabei hat die Apothekerin bereits vor zehn Jahren schon auf die Missstände der Apotheken aufmerksam gemacht: „Damals habe ich mich schriftlich an den Gesundheitsminister gewendet, um auf die schlechter werdende Situation in den Apotheken hinzuweisen. Eine Antwort habe ich jedoch nie erhalten“, so Scharnick. Hermann Gröhe (CDU) war von Dezember 2013 bis März 2018 zuständiger Minister im Kabinett Merkel.

Solidarität für Apotheken

Trotz der bevorstehenden Schließung ist für Scharnick klar: „Die Beteiligung am Protest ist wichtig, und ich schließe ebenfalls meine Apotheke am heutigen Tag.“ Um die Kunden zu informieren, hat sie ein Plakat gestaltet: „Für uns ist es zu spät“, macht sie mit dem Aushang deutlich. „Wir streiken heute aus Solidarität mit den Apotheken, die in diesem Gesundheitssystem weiter existieren wollen“, heißt es weiter.

Bei aller Notwendigkeit zur Streikbeteiligung sieht Scharnick die ganze Aktion als „eher fleischlos“ an. „Mir fehlt hier der Wumms und der Druck. So groß wie der 14. Juni wird der Protest heute wahrscheinlich nicht.“

Keine Ausnahme für Zwischenaudit

Besonders das Thema Präqualifizierung machte der Inhaberin zu schaffen. Auch auf den „letzten Metern“ muss die Inhaberin noch das Zwischenaudit absolvieren: „Ich habe denen gesagt, dass ich sowieso Ende des Jahres schließe und sich in der Zeit vom letzten Präqualifizierungsantrag bis jetzt nichts geändert hat, man will mir trotzdem keine Ausnahme gewähren“, so Scharnick. Dabei seien die geforderten Fotos bereits „fünfmal hochgeladen“ und trotzdem neu angefordert, ärgert sich die Apothekerin.

Nach der Schließung werden ihre Angestellten gut untergebracht: „Fast alle sind in die umliegenden Apotheken gegangen. Der Personalmangel ist so präsent, dass sich die Kollegen über neue Mitarbeiter freuen.“ Sie selbst blickt ebenfalls positiv in die Zukunft: „Ich arbeite bei einer Apothekerfreundin und habe erstmal deutlich weniger Stress als in den vergangenen Jahren. Und muss mich dann mit so Sachen wie Präqualifizierung nicht mehr rumschlagen.“

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