Privatpatienten

123 Millionen Euro: PKV stützt Apotheken

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Berlin -

Nicht nur Ärzte und Krankenhäuser, sondern auch Apotheker profitieren von Privatpatienten: Auf 123 Millionen Euro jährlich beziffert Dr. Frank Wild, Chef des Wissenschaftlichen Instituts der PKV (WIP), die Mehreinnahmen pro Jahr. Pro Apotheke sind das 6000 Euro. „Wären die knapp neun Millionen Privatpatienten in der GKV versichert, würde dieser Betrag den Apotheken fehlen“, rechnet er vor.

Das WIP hat die Vorteile der Privatpatienten für die Apotheken auf Basis der Daten von 2015 ausgerechnet: Der Apothekenabschlag betrug damals 1,77 Euro je Packung eines verschreibungspflichtigen Medikamentes. Multipliziert mit der Anzahl der von Privatversicherten bezogenen 58,9 Millionen Packungen, ergibt sich daraus ein „Mehrumsatz“ von 104,3 Millionen Euro zugunsten der Apotheken. „Dieser Betrag würde den Apotheken fehlen, wenn alle Privatversicherten gesetzlich versichert wären“, so Wild.

In diesem Fall hätten die Apotheken auch aus einem anderen Grund Mindereinnahmen: Der Durchschnittspreis der abgegebenen Medikamente würde sinken. Im Bereich der PKV kostet eine Packung laut WIP im Mittel 68,79 Euro, in der GKV dagegen 53,22 Euro. Da die Apotheken neben dem Fixzuschlag von 8,35 Euro je Packung eine Spanne von 3 Prozent auf den Einkaufspreis abrechnen könnten, profitierten sie vom höheren Preis bei Privatversicherten, so Wild. Rein rechnerisch ergibt sich so ein „Mehrumsatz“ von etwa 18,9 Millionen Euro.

Außerdem gingen Apotheker bei der Abgabe eines Medikamentes an Kassenpatienten nicht nur finanziell in Vorleistung, sondern seien zudem einem Retaxierungsrisiko ausgesetzt. Bei Preisen im bis zu fünfstelligen Bereich könne eine Nullretaxierung für Apotheken existenzgefährdend sein; aufgrund der zeitlichen Verzögerung.

PKV-Versicherte zahlten dagegen in der Apotheke ihre Rechnung sofort, bei Direktabrechnungen über die Versicherer erhalte der Apotheker in 10 bis 14 Tagen sein Geld. Außerdem müssten Apotheken bei Privatpatienten keine Inkassoleistungen erbringen: Die gesetzlichen Herstellerabschläge würden bei GKV-Versicherten von den Apotheken beziehungsweise ihren Rechenzentren eingefordert. „Die Apotheken fungieren damit als Inkassozentrum“, so Wild. Bei Privatversicherten erfolgt das Inkasso kostenlos über das PKV-System „Zesar“.

Insgesamt gaben die privaten Krankenversicherungen im Jahr 2015 knapp 2,9 Milliarden Euro für Arznei- und Verbandmittel aus. Das waren 50 Prozent mehr als 2005, in der GKV waren die Ausgaben im gleichen Zeitraum um 37 Prozent gestiegen. Wie hoch die Ausgaben für das Apothekenhonorar sind, ist nicht bekannt. In den offiziellen Statistiken taucht die PKV nicht auf. Auf der Grundlage des Fixhonorars, also ohne 3-prozentige Marge, ergibt sich ein Betrag von rund 500 Millionen Euro.

Mit ihrer Apothekenrechnung argumentiert die PKV im Vorfeld der Bundestagswahl gegen die von der SPD und den Grünen vorgeschlagenen Bürgerversicherung: Diese würde „für die Apotheken eine Reihe von Nachteilen mit sich bringen“, so Wild. Den Apotheken entstünden dadurch Mehrausgaben für den Apothekenabschlag und Mindereinnahmen über den Apothekenzuschlag. Darüber hinaus seien Privatversicherte für die Apotheken sehr gute Kunden, da diese ihre Arzneimittelrechnung in der Regel sofort bezahlten.

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