Schiedsverfahren-Kompromiss

Kühne (CDU) reicht Retax-Deal

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Berlin -

Der Kompromiss im jahrelangen Retax-Streit zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und dem GKV-Spitzenverband löst in der Politik und bei den Landesapothekerverbänden ein überwiegend positives Echo aus. Für die CDU sieht deren Gesundheitspolitiker Roy Kühne jetzt keinen Grund mehr für das Eingreifen des Gesetzgebers. Einige Landesapothekerverbände wollen die vereinbarte Öffnungsklausel für weitergehende Vereinbarungen mit den Krankenkassen nutzen.

„Ich freue mich darüber, dass es in dieser Sache nach langen Verhandlungen endlich einen einvernehmlichen Beschluss gibt“, wertete Kühne den Kompromiss als Erfolg der Schiedsstelle unter Leitung von Dr. Rainer Hess. In der Versorgung der Patienten dürfe es keine unterschiedlichen Interpretationen von bestehenden Regelungen durch die beteiligten Akteure geben. Rechtsunsicherheiten schadeten letztlich auch den Patienten. Kühne: „Deshalb ist dies eine wichtige Entscheidung, die es schnell umzusetzen gilt.“

Aus Sicht des Bayerischen Apothekerverbandes ist die Einigung ein „wichtiger Schritt in die richtige Richtung“. Sie bringe für die Apotheke mehr Rechtssicherheit und Klarheit bei der Rezeptbelieferung. Die Möglichkeit, vor der Abrechnung eine Vielzahl formaler Fehler zu heilen, „bewerten wir als positiv“. Das erleichtere in letzter Konsequenz die schnelle Versorgung des Patienten.

Der von DAV-Chef Fritz Becker geführte LAV Baden-Württemberg bewertet die Entscheidungen der Schiedsstelle ebenfalls „überwiegend positiv“. Insgesamt sei der Schiedsspruch ein „riesiger Schritt in die richtige Richtung“. Die Apothekerschaft habe sich in schwierigen Verhandlungen in vielen Punkten durchgesetzt. Für die Apotheker steige mit dem Spruch die Rechtssicherheit wesentlich. Die Apotheke könne vor der Abrechnung des Rezepts nahezu alle formalen Verordnungsfehler nach der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) und der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) nach Rücksprache mit dem Arzt heilen.

Alle Landesapothekerverbände hätten bereits ergänzende Vereinbarungen nach § 129 Abs. 5 SGB V mit den Krankenkassen auf Landesebene abgeschlossen, die teilweise schon Regelungen zu retaxierbaren Vorgängen enthielten. Ebenso der DAV mit dem Verband der Ersatzkassen (VDEK) auf Bundesebene.

„Inwieweit der aktuelle Schiedsstellenbeschluss jetzt weitere Vertragsanpassungen auf Landes- beziehungsweise Bundesebene anstößt, vermögen wir derzeit noch nicht zu sagen“, so ein Sprecher des LAV Baden-Württemberg. Man werde darauf drängen, weitergehende Lösungen zur Erlangung einer erhöhten Retaxationssicherheit für die Mitglieder herbeizuführen.

Etwas kritischer gehen der Hamburger Apothekerverein und der Landesapothekerverband Schleswig-Holstein in ihrer gemeinsamen Stellungnahme für APOTHEKE ADHOC mit dem Kompromiss um: In einigen Meldungen zum Schiedsspruch werde getitelt, die Apotheker oder der DAV hätten obsiegt. Das sei so nicht richtig, „denn zumindest bei dem, was geklärt und geregelt wurde, hat vor allem und fast immer die Vernunft gesiegt“.

In Schleswig-Holstein sollen die Verhandlungen über Retax-Verträge schnellstmöglich wieder aufgenommen werden. „Dabei sehen wir in der eingeschlagenen Richtung auch positive Impulse für die teilweise festgefahrene Verhandlungssituation und hoffe im Übrigen auch, von den weiterreichenden Hamburger Regelungen zu profitieren.

Der Thüringer Apothekerverband gibt sich schmallippig: Er habe „der ABDA-Pressemeldung zu diesem Thema nichts hinzuzufügen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir keine Auskunft zu unseren regionalen Vereinbarungen geben.“

Für den Landesapothekerverband Rheinland-Pfalz (LAV) sei immer klar gewesen, dass „im Rahmen der Schiedsstellenentscheidung die durch die Apothekerschaft eingebrachten Positionen nicht vollständig Bestand haben werden“, resümiert man dort. Das vorliegende Ergebnis sei deshalb „eher eine positive Überraschung“.

Wie alle Landesverbände habe man auch in Rheinland-Pfalz ergänzende Retax-Vereinbarungen mit den Krankenkassen auf Landesebene abgeschlossen: „Wir werden im Weiteren zu prüfen haben, inwieweit die Entscheidungen der Schiedsstelle diese Verträge berühren und entsprechende Anpassungen initiieren können.“

Der LAV Hessen will den Kompromiss noch gar nicht kommentieren: „Wir werden zunächst die konkrete Ausformulierung des Rahmenvertrages abwarten, ebenso wie die ausführliche Kommentierung. Danach prüfen wir, ob und wenn ja, in welchem Umfang Handlungsbedarf besteht.“

In Brandenburg begrüßt der Apothekerverband den „Beschluss zur Retaxationsvermeidung“. Damit erhielten die Apotheker einen wichtigen Handlungsspielraum, um Formfehler bei Verordnungen praktikabler beheben zu können. Die nun erreichte Rechtssicherheit sei zu begrüßen, „wenngleich dieser Konsens – aus Sicht der Apotheker – ein erster Schritt in die richtige Richtung ist“.

„Überwiegend positiv“ bewertet auch der Landesapothekerverband Sachsen-Anhalt den Retax-Kompromiss, „da es viele formale Retaxationsmöglichkeiten zukünftig nicht mehr geben dürfte“. Man werde die Schiedsentscheidung auf Bundesebene zum Anlass nehmen, auf Landesebene zu schauen, „inwieweit unsere Primärkassenverträge angepasst beziehungsweise ergänzt werden müssen.“ Entsprechende Gespräche seien bereits für die Zeit nach der Sommerpause vereinbart.

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