Anstrengungen gegen Engpässe

Lauterbach: Kein Brief für die Abda

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Berlin -

Mit seinem Brief an den Großhandelsverband Phagro hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für Schlagzeilen gesorgt. Mit hektischen Maßnahmen will er eine zweite große Welle an Engpässen bei Kinderarzneimittel verhindern – und plötzlich ist auch Geld dafür da. Die Abda hat kein solches Schreiben erhalten.

Bis zum gestrigen Abend sei kein solcher Brief in der Abda eingetroffen, bestätigt ein Sprecher auf Nachfrage. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) wurde offenbar nicht angeschrieben. Dabei kommt den Praxen, aber vor allem auch den Apotheken bei der Sicherstellung der Versorgung eine Schlüsselrolle zu: Wer findet Austauschpräparate (und muss dabei Retaxationen fürchten), wer muss zusätzliche Bezugsquellen suchen und Defektnachweise sammeln, wer muss Rücksprache mit den Praxen halten, Importe organisieren oder Rezepturen herstellen?

Aber selbst den Großhandel lässt Lauterbachs Vorstoß ratlos zurück. Dringlichkeitsliste schön und gut, aber wer soll die Importe organisieren? Wer haftet? Und wie wird gesichert, dass die Vorräte dann auch zu den horrenden Preisen abverkauft und abgerechnet werden können? „Lauterbach hat uns seinen Problemhaufen vor die Tür gestellt und gesagt: Macht Ihr das!“, kommentiert ein Großhandelsvertreter. Im selben Atemzug habe er die Angelegenheit dann an seinen Unterabteilungsleiter verwiesen – statt sie zur Chefsache zu machen. „So führt man doch kein Ministerium!“

Auch Antworten, wie die Sache umgesetzt werden könne, habe sein Haus nicht geliefert. In einem Call habe man bei Nachfragen auf das BfArM als zuständige Behörde verwiesen – das aber mit der Umsetzung im Grund nichts am Hut habe.

Und auch mit dem Versprechen, eine Gegenfinanzierung für den Mehraufwand zu gewähren, können die Großhändler nicht viel anfangen. „Wie sollen wir das kalkulieren? Einfach unser Fixum pauschal verdoppeln?“, so der Unternehmensvertreter. Eine ähnliche Falle hatte sich ja erst vor einem halben Jahr den Generikaherstellern gestellt: Nach Aussetzung der Festbeträge standen sie vor der Entscheidung, ihre Preise anheben zu können – dann hätten sie aber auch liefern müssen. Ansonsten, so fingen die Kassen bereits an zu argumentieren, sei das Ganze nichts als Geldverschwendung. Im anderen Fall hätte man den Unternehmen auch ihre Preisdisziplin vorhalten können: So schlimm ist die Sache doch gar nicht.

Lauterbach hatte den Phagro aufgefordert, eine „Einschätzung der für die Bereitstellung dieser Arzneimittel notwendigen finanziellen Aufwendungen des Großhandels für die dringliche Beschaffung und Bevorratung bis zum Beginn der Infektionssaison Herbst/Winter“ zu liefern. „Sofern für die Realisierung dieser außerordentlich dringlichen Maßnahme dem Großhandel Aufwendungen über die im ALBVVG bereits geregelten Erhöhung der Großhandelsvergütung entstehen, wird das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) eine Gegenfinanzierung prüfen“, so sein Versprechen.

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