Erstattungspreise

Zuzahlung frisst Apothekenmarge

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Berlin -

Ein Deckel für das Apothekenhonorar stand auf dem Forderungskatalog des GKV-Spitzenverbands zur Bundestagswahl. Doch neben dem offiziellen Polemikpapier gibt es einen ernst gemeinten Wunschzettel. Auf dem hatten die Kassen notiert, dass der Erstattungspreis doch bitte endlich für die Berechnung der Handelsmargen zugrunde gelegt werden soll. Der Bitte kommt die Große Koalition jetzt nach – nur dass neben Apotheken und Großhändlern im Einzelfall auch die Kassen Verlierer sein könnten.

Die Sache ist einigermaßen komplex. Seit 2011 müssen Hersteller und GKV-Spitzenverband über die Preise für neue Arzneimittel mit Zusatznutzen verhandeln; künftig soll dabei mindestens ein Kassenvertreter dabei sein.

Um im EU-Vergleich besser dazustehen, hat die Industrie durchgesetzt, dass der Listenpreis unverändert bleibt. Abzüglich des ausgehandelten Abschlags ergibt sich so der Erstattungspreis, der zwar nicht ganz, aber eben noch ein bisschen geheim ist.

Im März 2012 unterzeichnete der GKV-Spitzenverband eine Vereinbarung mit den Pharmaverbänden, in der die Details zum Verfahren geregelt wurden. Darin hieß es unter anderem: „Der Apothekenverkaufspreis ermittelt sich unabhängig vom Erstattungsbetrag auf Grundlage des Abgabepreises des pharmazeutischen Unternehmers (ApU).“

Doch wenige Wochen später dämmerte den Kassen, dass sich bei Apotheken- und Großhandelsmarge noch nennenswerte Beträge abgreifen ließen, sofern auch für deren Berechnung der Erstattungspreis zugrunde gelegt würde. Bei Hochpreisern macht der prozentuale Aufschlag eine erkleckliche Summe aus – vor allem dann, wenn mit dem Erstattungsbetrag der 16-prozentige Herstellerabschlag abgelöst wird.

Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) stellte sich auf die Seite der Kassen, zeitweise wurde die Debatte über die Medien ausgetragen. Dann schaffte der Deutsche Apothekerverband (DAV) Fakten: Seit einem Jahr können die Erstattungsbeträge abgerechnet werden – mit Margen auf Basis des Listenpreises.

Jetzt wollen die Gesundheitspolitiker der Große Koalition als eine ihrer ersten Amtshandlungen diese vermeintliche Furche gerade ziehen. „Gilt für ein Arzneimittel ein Erstattungsbetrag […], gibt der pharmazeutische Unternehmer das Arzneimittel zum Erstattungsbetrag ab“, heißt es in einem Antrag von CDU/CSU und SPD. Der Erstattungsbetrag werde damit zum einheitlichen Abgabepreis und somit zur „Grundlage der Berechnung der Preisspannen“.

Durch diese Formulierung wird der Erstattungspreis aber auch zur Grundlage für die Zuzahlung der Versicherten. Und hier könnte den Kassen der erkämpfte Betrag gleich wieder verloren gehen – zumindest bei preiswerteren Innovationen.

Das Diagnostikum Rapiscan (Regadenoson) etwa kostet neu 67,43 statt 83,33 Euro. Die Zuzahlung sinkt also um 1,59 Euro – bei Großhandel und Apotheken schöpfen die Kassen aber weniger als 1 Euro ab.

Nichtsdestotrotz werden die Apotheken vor allem bei teuren Medikamenten dramatisch an Marge verlieren. Bei Gilenya etwa sinkt die Marge von 65 Euro auf knapp 49 Euro, also um gut ein Drittel. Als strittige Gesamtsumme kursierte bei der ABDA vor einiger Zeit ein zweistelliger Millionenbetrag, damals stand allerdings noch der Bestandsmarkt zur Diskussion.

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