Die Nautilus-Apotheke im Jacobsenhaus in Kiel positioniert sich klar queerfreundlich. Das passt nicht allen – negative Kommentare gibt es nicht nur vor Ort, sondern auch in den Sozialen Medien. Die Kritik thematisiert das Apothekenteam öffentlich und erntet dafür positives Feedback.
Die Feindseligkeit gegenüber queeren Menschen hat laut Inhaber Volker Jüngerich zugenommen. Seit geraumer Zeit hängt im Schaufenster der Apotheke – gut sichtbar – eine Regenbogenflagge. „Mittlerweile kommen wieder verstärkt Menschen zu uns und sagen Dinge wie: ‚Sie sollten sich schämen‘ oder ‚Die Flagge gehört abgerissen‘.“
Nun äußern sich Teile der Kundschaft auch im Internet negativ über den Auftritt und die klare Positionierung der Apotheke. PTA Christiane Jüngerich, die den Instagram-Account der Apotheke betreut, nahm die jüngste Bewertung zum Anlass, um diese Form der Kritik sichtbar zu machen. Auf Instagram postete sie einen Screenshot des Kundenkommentars: „Einmal und nie wieder. Ich muss mich in einer Apotheke nicht duzen lassen. Zudem gefällt mir das Konzept nicht (Regenbogenflagge). Ich besuche zukünftig die Apotheke paar Häuser weiter.“
Dazu kommentiert das Apothekenteam: Null Sterne wegen Regenbogenflagge auf Google? Wir bleiben authentisch und dank Regenbogen-Namensschild und Flagge kommt nur, wer bei uns am richtigen Platz ist.“ Recht machen könne man es nicht immer allen, „aber die vielen positiven Rückmeldungen zeigen uns: Die Unterstützung ist da.“ Der Beitrag wurde auf Instagram laut Jüngerich rund 2000 mal geklickt, der überwiegende Teil ist kein Follower des Apothekenaccounts.
Die Nautilus-Apotheke liegt in der Kieler Innenstadt. Diese gilt laut der PTA als Hotspot in Schleswig-Holstein. „Wir haben eine sehr bunte Community in allen Facetten, die zu uns kommt – und wir schätzen das sehr.“ Die Apotheke unterstützt seit vielen Jahren den Christopher Street Day (CSD), um queere Themen sichtbarer zu machen, besonders angesichts des deutlich gestiegenen Gewaltpotenzials: „Die polizeilich erfassten Übergriffe auf Menschen aus der queeren Community haben sich in den letzten zwei Jahren fast verdoppelt – das finde ich verheerend“, betont Jüngerich.
Das Apothekenteam zeige klare Solidarität: „Jeder ist, wie er ist. Alle Farben des Regenbogens sind schön.“ Auch wenn das nicht alle Kunden gut finden, überwiege die positive Resonanz deutlich. Nach dem Posting der Pride-kritischen Google-Bewertung erhielt die Apotheke viele bestärkende Rückmeldungen – persönlich vor Ort und auch im Netz. Das Thema queere Sichtbarkeit gehöre für das Apothekenteam zum Alltag dazu: So tragen Mitarbeitende Regenbogen-Namensschilder das gesamte Jahr über und es gibt ein Pride-Regal, dessen Erlöse gespendet werden. „Wir sind eine etablierte Anlaufstelle bei queeren Fragen.“
Die Apotheke will ein Safe Space sein, in dem Kundinnen und Kunden ohne Ressentiments und mit Respekt beraten werden, ganz gleich, welche Themen und Sorgen sie mitbringen. „Gesundheit ist das privateste Thema überhaupt. Und das Wichtigste für uns ist es, dass wir unseren Kunden den Raum geben, sich unbewertet öffnen zu können und Hilfe zu holen. Bei uns gibt es keine moralische Wertung. Das ist nicht unsere Aufgabe.“ Es gehe darum, alle Menschen abzuholen und willkommen zu heißen.
Der Pride Month wird weltweit gefeiert, um die Rechte und die Sichtbarkeit von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und queeren Menschen (LGBTQAI+) zu unterstützen. Er findet meistens im Juni statt und erinnert an die Stonewall-Unruhen, die im Juni 1969 in New York stattfanden und als wichtiger Wendepunkt für die Bewegung gelten.
Während des Pride Month gibt es viele Veranstaltungen wie Paraden, Demonstrationen, Konzerte und Workshops, die das Bewusstsein für Gleichberechtigung, Akzeptanz und Menschenrechte fördern. Am bekanntesten ist hierbei der CSD.
Die Abkürzung LGBTQAI+ steht für: