Arzneimittelkriminalität

Rezeptfälscher in Südhessen unterwegs

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Berlin -

Betrugsversuche am laufenden Band: Unbekannte Täter haben versucht, in sechs südhessischen Apotheken gefälschte Rezepte einzulösen. Sie haben sich dabei auf Arzneimittel konzentriert, die zwischen 6000 und 8000 Euro kosten. Zwei Apotheker fielen auf ihre Masche herein.

„Wir haben bisher sechs Fälle, bei vier blieb es bei Versuchen, in zwei Fällen wurden die Medikamente übergeben“, sagt eine Sprecherin des Polizeipräsidiums Südhessen. „In fünf Fällen handelt es sich um Wachstumshormone in einem Fall um ein Krebsmedikament.“ In einem Fall, in dem es misslang, war der unbekannte Verdächte gleich zweimal in der Apotheke vor Ort. Dem Apotheker fiel auf, dass kleine Details des Rezeptes nicht korrekt waren. So waren die Betriebsstättennummer frei erfunden und die Adresse unvollständig. Der Kunde wurde nervös und verließ unverrichteter Dinge die Offizin.

In einem anderen Fall wurde angerufen, der Kunde wollte das Medikament vorbestellen. Als der Apotheker Rückfragen hatte, legte der Mann auf. Der Anrufer war männlich und sprach nicht perfekt Deutsch. Heiße Spuren gibt es derzeit noch keine. „Wir stehen am Anfang der Ermittlungen“, sagt die Polizeisprecherin. Allerdings seien Wachstumshormone in der Bodybuilderszene gefragt. Was die unbekannten Täter mit dem Krebsmedikament vorhatten, bleibt zu ermitteln.

Die Apotheker haben Anzeige gegen Unbekannt erstattet. Betroffen sind Apotheken in Weiterstadt-Braunshardt, Alsbach, Gernsheim und Darmstadt. Mindestens zwei Personen sollen an den Betrugsversuchen beteiligt sein. Die Apotheker, die die gefälschten Rezepte beliefert haben, bleiben vermutlich auf den Kosten sitzen. Bei 6000 bis 8000 Euro stellt das kein kleines Ärgernis dar.

Immer wieder werden Apotheken zur Zielscheibe von Betrugsversuchen. Manche Fälle sind skurril, andere traurig, manche beides. Wie jener des 28-Jährigen, der im vergangenen Sommer in Regensburg vor Gericht stand. Als Methadon-Patient klaute der Drogenabhängige ausgerechnet in der Praxis seines Arztes Rezepte.

Eines unterzeichnete er mit „Florian Silbereisen“. Im Oktober 2016 überfiel er mit eine Schal vermummt die St. Jakobs-Apotheke in Regensburg. „Gib mir Bromazepam. Dann passiert dir nichts“, verlangte er vom Apotheker.

Der Apotheker zeigte Courage: „Du kriegst nichts.“ Der Täter verließ daraufhin die Apotheke und wurde zwei Straßen weiter von der Polizei festgenommen. Vor Gericht zeigte er sich reuig, sagte: „Die Festnahme hat mir das Leben gerettet. Sonst wäre ich draufgegangen. Ich war mehr tot als lebendig.“ Die Scheidung seiner Eltern hatte ihn aus der Bahn geworfen. Er bekam Depressionen, brach seine Ausbildung ab. Er konsumierte immer mehr Alkohol, Marihuana, Amphetamine, Crystal und Benzodiazepine, Kokain und Heroin. Schließlich überfiel er die Apotheke – und geriet an einen mutigen Apotheker.

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