Pillen für Afrika

Pharma-Bande in Hamburg aufgeflogen

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Berlin -

Die Hamburger Polizei hat eine Bande zerschlagen, die mit Arzneimitteln auf betrügerische Weise ein Millionenvermögen angehäuft haben soll. Nach Razzien in Hamburg und an weiteren Orten wurden drei Männer und eine Frau festgenommen.

Der Vorwurf: Einer der Verdächtigen soll bereits im Jahr 2013 von einem Pharmahersteller Arzneimittel im Wert von 22 Millionen Euro gekauft haben. Der Käufer bediente sich laut Hamburger Abendblatt einer besonders dreisten Methode: Er gab an, dass die Medikamente für den Export nach Afrika bestimmt seien, daraufhin erhielt er einen Rabatt von 30 Prozent.

In Afrika kamen die Medikamente niemals an. Die Ware wurde über Umwege in die Niederlande gebracht und von dort aus zum regulären Preis von Pharmagroßhändlern aufgekauft. Der Vermögensvorteil, der sich daraus ergibt, soll bei rund sieben Millionen Euro liegen.

Jetzt wurden zehn Wohnungen und Geschäftsräume der Verdächtigen und möglicher Abnehmer der Arzneimittel durchsucht. Ermittler wurden in Hamburg, auf Sylt, in Mannheim, in Unterschleißheim, in den Niederlanden und auf Gran Canaria tätig. Drei Männer im Alter von 63, 74 und 81 Jahren und eine 41-jährige Frau wurden vorübergehend festgenommen. Da alle einen festen Wohnsitz haben, wurden sie wieder freigelassen.

Gegen die Beschuldigten wird wegen gewerbs- und bandenmäßigem Betrugs ermittelt. Die Medikamente gelangten in den Verkehr, laut Auskunft der Hamburger Polizei waren sie beanstandungsfrei.

Der Mitleidstrick mit Medikamenten, die nach Afrika gehen sollen, ist nicht neu. Mindestens zwei Jahre lang wurden Präparate von 1A Pharma unter dem Vorwand des Exports nach Sambia zu günstigen Preisen aufgekauft. Tatsächlich landete die Ware allerdings über Umwege wieder auf dem deutschen Markt. 2017 standen deshalb neun Täter vor Gericht. Der Kopf des Betrugskonstruktes, Joachim Schmidt, Chef der Hanse Trading GmbH (HTG) in Hamburg, war bereits vor Prozessbeginn verstorben. Die Täter bekamen Bewährungsstrafen und mussten die Gewinne zurückzahlen. Ein Täter aus Südafrika wurde 2016 bei einem Zwischenstopp am Berliner Flughafen Tegel festgenommen und später zu zwei Jahren auf Bewährung und die Rückzahlung von 300.000 Euro verurteilt.

Zwischen Juli 2013 und November 2014 soll 1A Pharma mindestens 14 Mal betrogen worden sein. Unter Vortäuschung einer Weiterlieferung nach Sambia sollen Präparate im Gesamtwert von 13,6 Millionen Euro kostengünstig erworben und unter Verschleierung des Lieferweges in Deutschland zu deutlich erhöhten Preisen verkauft worden sein. Die Medikamente gingen zuerst nach Kapstadt, von dort nach Zürich, wo sie eine belgische Spedition übernahm und sie nach Antwerpen weitertransportierte. Dort bekamen sie neue Zollpapiere, offiziell handelte es sich nun um Ware aus der Schweiz. Zurück in Hamburg wurde die Ware über Zwischenhändler an den Großhandel verkauft.

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