Inserate auf Impfgegner-Jobbörse

Personalmangel: Apotheken suchen ungeimpfte Mitarbeiter

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Berlin -

Während eine Corona-Impfpflicht näher rückt, organisieren sich auch entschiedene Impfgegner immer mehr. Dabei geht es nicht immer so illegal zu wie bei gefälschten Impfpässen: Schon vor Wochen ist eine neue Jobbörse aufgetaucht, die sich explizit an Ungeimpfte richtet. In ihr können Arbeitgeber Stellenangebote inserieren, die keine Geimpften beschäftigen wollen oder explizit keinen Wert auf den Impfstatus ihrer Mitarbeiter legen. Darunter sind mittlerweile auch vier Apotheken aus dem ganzen Bundesgebiet. Eine davon ist die von Diana Meißner: Sie distanziert sich ausdrücklich von rechten Querdenkern, steht  der Impfung aber kritisch gegenüber. Hauptgrund für das Inserat sei allerdings schlicht der Fachkräftemangel, sagt sie.

Die Seite „impffrei.work“ lässt keinen Zweifel, an welches Zielpublikum sie sich richtet: Schon das Logo zeigt eine Faust, die eine Spritze zerschlägt. Wer sich noch eingängiger eine Meinung bilden will, für den lohnt sich der Blick in den Blog der Jobbörse. Dort finden sich unter anderem Beiträge dazu, dass die Übersterblichkeit mit wachsender Impfquote ansteige oder aber, dass Impfstoffspike-Proteine in Zellkerne eindringen und den DNA-Reparaturmechanismus der Zellen zerstören würden. „Das Impfstoffspike-Protein löst eine Explosion von Krebs, Immunschwäche, Autoimmunerkrankungen und beschleunigtes Altern aus“, ist eine der dort verbreiteten hanebüchenen Warnungen.

Wer hinter der Seite steht, ist nicht ersichtlich, sie hat zwar ein Impressum, darin ist aber kein einziger Name genannt. Stattdessen wird explizit auf die gewünschte Anonymität hingewiesen: „Wir erhalten Hinweise und Aufforderungen von selbsternannten Blockwarten, aber auch von verunsicherten Menschen, die meinen wir müssen ein Impressum hinterlegen, da dies zwingend notwendig sei“, ist da zu lesen, gefolgt von dem Hinweis, dass keine Urheber genannt werden müssen, weil es sich um kein kommerzielles Angebot handelt. „Impffrei.work ist nur ein Admin, der dafür sorgt das keine unseriösen Jobangebote auf der Seite veröffentlicht werden.“

Das Portal trifft in einschlägigen Kreisen offensichtlich einen Nerv, auch auf Arbeitgeberseite: Mehrere hundert Stellenangebote aus allerlei Branchen von Gastronomie über Handwerk bis IT sind dort bereits aufgeführt. Was manchen überraschen dürfte: Eine der am stärksten vertretenen Branchen ist mit 79 Inseraten ausgerechnet das Gesundheitswesen. Insbesondere Zahnarztpersonal und Physiotherapeut:innen werden gesucht – aber auch Apotheker:innen und PTA. Vier Apotheken – die See-Apotheke im bayerischen Bodolz, die Pestalozzi-Apotheke in Lörrach und die Ring-Apotheke in Waghäusel in Baden-Württemberg sowie die Apotheke im PEP im sächsischen Grimma – suchen dort in sechs Stellenangeboten nach pharmazeutischem Personal.

Eines davon ist ein Inserat für eine:n Apotheker:in oder eine:n Pharmazieingenieur:in der Apotheke im PEP von Inhaberin Diana Meißner. Fragen zur Jobbörse selbst kann auch sie nicht beantworten. „Ich kenne mich mit dem Portal überhaupt nicht aus und weiß auch nicht, wer dahintersteht“, sagt sie. „Ich bin nur darauf aufmerksam geworden, weil mir eine Zahnarzthelferin erzählt hat, dass es für sie schwierig ist, bei ihrem jetzigen Arbeitgeber zu bleiben, weil er die Impfung voraussetzt und auch abfragt. Deshalb sucht sie nun eine Stelle, wo das nicht verlangt wird.“ Die Apothekerin habe sie damit auf eine Idee gebracht, denn wie andere Kolleg:innen auch habe sie damit zu kämpfen, dass man keine Mitarbeiter:innen findet. „Ich sehe das Portal als weiteren Kanal, auf dem ich nach Personal suchen kann“, so Meißner.

Ihre Apotheke liegt zwar in einem Center mit 2G-Regelung, konkrete Auswirkungen habe das aber nicht, weil die Regel nur für die jeweils einzelnen Geschäfte gilt und nicht am Centereingang selbst kontrolliert wird. Es gebe neben der Apotheke auch eine Drogerie und einen Supermarkt – Stellen des täglichen Bedarfs, die wie ihre Apotheke von der 2G-Regel ausgenommen seien. Auch in der Offizin selbst unterstreicht sie ihre Auffassung mit einem Aushang: „Einfach menschlich bleiben, egal welchen Status man hat! Das ist das Wichtigste!“, steht darauf über zwei sich schüttelnden Händen, die ein Herz formen – auf einer Hand ist eine Spritze abgebildet, auf der anderen eine durchgestrichene Spritze.

Dass der Aushang und vor allem das Inserat in der Impfgegner-Jobbörse bei vielen Menschen auch einen schlechten Eindruck erwecken können, sei ihr bewusst. „Und dann sind wir hier auch noch in Grimma – in Sachsen! Da denken alle gleich, wir wären rechte Querdenker“, sagt sie. „Aber das stimmt absolut nicht, davon distanzieren wir uns deutlich!“ Meißner betont, dass es ihr gar nicht darum gehe, gezielt nach ungeimpften Mitarbeitern zu suchen – im Inserat werde das Thema Impfung nicht einmal erwähnt. Es gehe ihr eher darum, auch diesen Menschen „die Hand zu reichen“, wie sie sagt. „Ich mache keinen Unterschied zwischen geimpften und ungeimpften Mitarbeitern, weil ich will, dass jeder Mensch selbst entscheiden kann, ob er sich impfen lassen will, und dann auch selbst die Konsequenzen tragen muss.“ Deshalb sei sie auch dagegen, als Chefin den Impfstatus von Mitarbeitern abzufragen. „Ich möchte keinen Druck aufbauen und finde es anmaßend, jemanden als Chef unter Druck zu setzen, sich impfen zu lassen“, sagt sie. „Letztlich unterhalten wir uns im Team natürlich trotzdem darüber, aber dann ist es freiwillig.“

Sie sei nicht einverstanden damit, „welcher Hass gegen Ungeimpfte“ gerade aufgebaut werde. „Ich habe das Bauchgefühl, dass es in der Gesellschaft bald knallt“, sagt sie. „Ich will, dass wir menschlich bleiben, egal, welchen Impfstatus jemand hat.“ Neben Hass sei es aber vor allem Angst, die gerade geschürt werde und mit der die Menschen zur Impfung gedrängt würden. Sie plädiere dafür, dass jeder Mensch für sich rational abwägt, ob er sich impfen lassen will oder nicht, und dabei die jeweiligen Risikofaktoren einbezieht. „Man sollte überlegen, was dafür spricht und was dagegen. Aber mit der Angst kann ich keine vernünftige Entscheidung treffen.“

Auch wenn Meißner sich von der Querdenker-Szene distanziert, zeigt sie sich selbst als äußerst kritisch gegenüber den Corona-Impfungen. „Keiner von uns weiß doch, wo die Reise mit diesen neuen Impfstoffen hingeht, die nur eine Notfallzulassung haben“, sagt sie und geht noch bedeutend weiter: Sie glaube, dass viele Impfschäden absichtlich nicht als solche erfasst würden, dass es sogar Klinikmitarbeiter gebe, die Verschwiegenheitsvereinbarungen unterzeichnen müssen, oder aber, dass Geimpfte, die mit schweren Covid-Verläufen in Krankenhäuser eingeliefert werden, absichtlich als Ungeimpfte registriert würden. „Bei diesem Lügenkarussell will ich nicht mitmachen“, so die Inhaberin.

Verschwörungsideologien weise sie trotzdem weit von sich. „Ich bin keine Coronaleugnerin! Ich weiß, dass es dieses Virus gibt und dass es gefährlich ist, aber eben auch, dass man ihm mit gesundem Menschenverstand begegnen kann“, sagt sie. Wenig überraschend ist sie dabei auch gegen eine generelle Impfpflicht, wie sie derzeit zur Debatte steht. „Ich bin komplett gegen einen Impfzwang und habe auch schon an Protesten dagegen teilgenommen, um mich mit den Kollegen in Österreich solidarisch zu zeigen. Ich kann für mich und meine Kinder entscheiden, dass wir uns impfen lassen, aber diese Verantwortung nicht für andere Menschen übernehmen.“

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