Pille danach und Compeed

Omega-Mutterkonzern Perrigo kauft HRA Pharma

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Berlin -

HRA Pharma ist verkauft. Für 1,8 Milliarden Euro übernimmt Perrigo den Hersteller der Notfallkontrazeptiva EllaOne und PiDaNa, zu dem außerdem die Pflastermarke Compeed gehört. Der Mutterkonzern von Omega Pharma baut damit seine Aktivitäten in Europa deutlich aus.

Der Kaufpreis entspricht dem 18-Fachen des für das kommende Jahr erwarteten operativen Ergebnisses (Ebitda), unter Berücksichtigung von jährlichen Synergien in Höhe von 30 Millionen Euro ist es das 14-Fache.

Für Perrigo markiert die Übernahme den Abschluss einer dreijährigen Transformationsphase. „Mit der Aufnahme von HRA und seinem talentierten Führungsteam wäre Perrigo ein weltweit führendes Unternehmen im Bereich Consumer Self-Care, das in der Lage ist, kurzfristig ein erstklassiges Nettoumsatzwachstum und ein zweistelliges EPS-Wachstum bei gleichzeitiger Steigerung der Margen zu erzielen“, so Murray S. Kessler, CEO und President von Perrigo.

Das fokussierte Portfolio an schnell wachsenden Selbstpflegemarken, die ihrerseits in wachsenden Kategorien Marktführer seien, soll Perrigo zum angepeilten 3-prozentigen Umsatzwachstum verhelfen. Kessler verweist auch auf die komplementäre geografische Präsenz und die Expertise von HRA bei OTC-Switches. „Es ist die Gesamtheit dieser Faktoren, die die Kombination von Perrigo und HRA strategisch und finanziell überzeugend macht. Es ist buchstäblich eine einzigartige Gelegenheit, gleichzeitig unser Finanzprofil zu verbessern und gleichzeitig einen noch größeren Wert für Verbraucher, Aktionäre und die Gemeinschaften, in denen wir arbeiten und leben, zu schaffen.“

„Ich bin unglaublich stolz auf die harte Arbeit des HRA-Teams, das dazu beigetragen hat, das Unternehmen als Weltklasse-Unternehmen zu etablieren – eines, das in der Lage ist, das nächste Kapitel seiner Reise als Teil der Perrigo-Familie zu beginnen“, sagte HRA-CEO David Wright. Perrigo sei der ideale Partner, um die Marken weltweit und in attraktive angrenzende Kategorien weiter auszubauen, da man auf der Plattform und dem umfangreichen Produktportfolio von Perrigo aufbauen könne. „Wir freuen uns über die Gelegenheit, dem Perrigo-Team beizutreten und mit einer gemeinsamen Vision und Prinzipien, die enormen Wertchancen des kombinierten Unternehmens zu nutzen. Als eines der weltweit führenden Selbstpflegeunternehmen ist Perrigo einzigartig positioniert, um diese Marken in den kommenden Jahren voranzubringen.“

HRA mit Hauptsitz in Paris war 2016 von Goldman Sachs und dem Finanzinvestor Astorg übernommen worden; 2011 hatten die Gründer zunächst den Investor Riverside an Bord genommen. Seit dem Eigentümerwechsel wurde die Devise ausgegeben, HRA zu einem der am schnellsten wachsenden OTC-Hersteller zu machen. Weltweit werden die Produkte in mehr als 90 Ländern vertrieben.

Zunächst war HRA auf Notfallkontrazeptiva spezialisiert, doch Anfang 2018 wurde Compeed von Johnson & Johnson (J&J) übernommen; die Marke ist auch im Mass Market zu Hause. Zuletzt wurde die Narbenpflege Mederma von Merz übernommen.

Die deutsche Niederlassung wurde im Jahr 2008 gegründet. Vom Umsatz in Höhe von knapp 40 Millionen Euro entfallen hierzulande rund 18 Millionen Euro auf Compeed, 13 Millionen Euro auf EllaOne und 3 Millionen Euro auf PiDaNa. Der Rest verteilte sich auf Produkte für seltene Erkrankungen wie Lysodren, Metopirone und Ketoconazole. Allerdings hat die Corona-Krise auch bei HRA zu einem deutlichen Rückgang geführt. Dazu kommt der Konkurrenzdruck durch Generika (Notfallkontrazeptiva) und Eigenmarken der Drogeriketten (Pflaster).

In Wiesbaden beschäftigt HRA 14 Mitarbeiter aus den Bereichen Marketing, Trade Marketing, Vertrieb, Medizin, Finanzen und Logistik. Die Apotheken werden durch den 20-köpfigen Leihaußendienst des Dienstleisters Marvecs besucht. Deutschlandchefin ist Patricia Alison Hartley. Das Marketing verantwortet hierzulande Martina Gripp. Für den Vertrieb ist Thomas Schachler zuständig.

Perrigo ist hierzulande unter dem Namen Omega aktiv und mit Marken wie Abtei, Clabin, Femtest, Cystofink/Granufink, Fagorutin, Jungle/Azaron, Lactacyd, Niquitin, Opticalm, Pencivir, Wartner, XLS-Medical und Zantic vertreten. Außerdem werden verschiedene Nahtmaterialien angeboten. Yokebe kommt über die Tochterfirma Naturwohl. Rund 30 Millionen Euro erwirtschaftet Omega in der Apotheke sowie rund 40 Millionen Euro im Mass Market.

Die deutschen Aktivitäten gehen zurück auf Deutsche Chefaro, die 1972 als Tochter des Chemiekonzerns Akzo Nobel gegründet und 2001 durch den belgischen Hersteller Omega übernommen worden war. 2013 folgten Umzug und Umbenennung, ein Jahr zuvor hatte der belgische Hersteller für 470 Millionen Euro verschiedene OTC-Marken von GlaxoSmithKline (GSK) gekauft, die heute für ein Drittel des Umsatzes verantwortlich sind. Darunter war auch die Drogeriemarke Abtei, die im vergangenen Jahr um das apothekenexklusive Produkt Zaffranax ergänzt worden war.

Omega in Belgien war 1987 vom Apotheker Marc Coucke gegründet worden, 2012 nahm er den Hersteller nach 13 Jahren von der Börse. Mit dabei waren die Finanzinvestoren Waterland, Hamilton, Harbourinvest und Stepstone. 2014 übernahm Perrigo den belgischen Hersteller – die Übernahme erwies sich später als zu kostspielig: Perrigo musste mehrmals Abschreibungen vornehmen und hat nach Meinung von Kritikern mit 3,6 Milliarden Euro zu viel gezahlt. In den Folgejahren drehte sich dann das Personalkarussell.

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