Ausstehende Gehälter und Lieferengpässe

Apothekenproteste: Ausnahmezustand in Belgrad

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Berlin -

Ausstehende Gehaltszahlungen und erhebliche Medikamentenengpässe: In Belgrad protestieren Apothekenteams gegen die Privatisierung der staatlichen Apothekenkette Apoteka Beograd. Denn eine Anstellung beim Staat bietet gegenüber einem privaten Arbeitgeber massive Vorteile – wenn der Staat zahlt.

Apoteka Beograd kämpft mit massiven wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Die Mitarbeitenden erhalten ihre Gehälter oft verspätet, teils monatelang nicht. In einigen Fällen gab es Phasen ohne Krankenversicherung, da die Kette die fälligen Beiträge nicht rechtzeitig an das serbische Krankenversicherungsinstitut (RFZO) überwies.

Anfang Februar blockierten Mitarbeitende eine Kreuzung in Belgrad, um die Auszahlung ausstehender Löhne und die Verhinderung einer möglichen Privatisierung zu fordern. Von Apothekenteams wird dies insbesondere aus der Sorge vor einer Verschlechterung der Versorgung und der Arbeitsbedingungen abgelehnt: Private Betreiber könnten unrentable Filialen schließen, das Medikamentenangebot einschränken und die Preise erhöhen. Besonders einkommensschwache Patienten hätten dann schlechteren Zugang zu wichtigen Arzneimitteln.

Der serbische Apotheker Nikola Bošković, der seit März 2020 in Deutschland tätig ist und die Lage in seinem Heimatland weiterhin beobachtet, weist außerdem darauf hin, dass die Bezüge in privaten Apotheken deutlich unter denen in staatlichen Betrieben liegen.

Schwerer Stand für staatliche Ketten

Die Liberalisierung des Marktes und die zunehmende Dominanz privater Apothekenketten haben laut Bošković die Situation weiter verschärft. In Serbien sind Ketten die Regel, Fremdbesitz somit weit verbreitet und Apotheker als Inhaber die Ausnahme. Das habe dazu geführt, dass der Profit oft im Vordergrund stehe, was zu einer hohen Dichte an Apotheken im Land geführt hat.

Mit etwa 45 Apotheken pro 100.000 Einwohner gibt es rund 3800 Apotheken in Serbien. Der Großteil des Marktes wird von den privaten Ketten wie Apoteka 1 und Benu (Phoenix) dominiert. Beide haben jeweils rund 200 landesweite Filialen.

Apoteka Beograd betreibt derzeit offiziell 107 Filialen in 17 Belgrader Gemeinden und ist damit eine der größten staatlichen Ketten. Bis 2007 gehörte Apoteka Beograd dem Gesundheitsministerium der Republik Serbien. Danach gingen die Gründungsrechte auf die Stadt über.

Vor dem Zerfall Jugoslawiens waren Apotheken grundsätzlich staatlich, und private Betriebe verboten. Als das Land in den 1990er Jahren zu zerfallen begann, wurden private Apotheken unter bestimmten Auflagen in den Nachfolgestaaten – darunter Serbien – zugelassen. Diese Regelung wurde später aufgehoben, und mittlerweile gibt es sowohl staatliche als auch private Apotheken. Große Ketten, wie Apoteka Beograd, spielen zunehmend eine dominierende Rolle auf dem Markt.

Finanzielle Schwierigkeiten und Teufelskreis

„Apoteka Beograd hat diese Herausforderungen schon seit 2012, als ich angefangen habe zu studieren“, erinnert sich Bošković. Irgendwann hätten sich Schulden angehäuft, mittlerweile in zweistelliger Millionenhöhe. „Ab und zu wurden deren Bankkonten blockiert. Also konnten sie den Großhandel nicht bezahlen, nichts verkaufen und somit auch die Löhne ihrer Angestellten nicht zahlen. Das ist seitdem einfach ein Teufelskreis.“

Die Lage hat sich seit Sommer 2024 weiter zugespitzt. „Die Kette hat 15 Millionen Euro Schulden angehäuft. Die Mitarbeiter bekommen manchmal für zwei bis drei Monate ihr Gehalt nicht. Im Januar hatten sie für zwei bis drei Wochen keine Krankenversicherung.“ Erst nachdem sich die Gewerkschaft einschaltete, sei wieder Geld geflossen – jedoch nur für die Versicherung. „Ihre Löhne haben sie zum Teil immer noch nicht“, berichtet Bošković.

Die Stadt als Eigentümer hat laut Bošković bisher keine konkreten Pläne vorgelegt, wie sie die Apothekenkette retten will.

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