Bayern

Notdienst-Reform: Endlich gerechter

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Berlin -

In der vergangenen Woche beschloss die Bayerische Landesapothekerkammer (BLAK) eine neue Notdienstregelung. Die ist schon länger überfällig, eine klare Entscheidung, wie es weitergehen sollte, stand aber noch aus. Dass nun das rhythmische Modell ausgetauscht wird, wurde zwar mit großer Mehrheit angenommen – 76 Delegierte stimmten dafür, vier enthielten sich. Trotzdem gab es einige Diskussionen.

Für die breite Masse werden die Notdienste ab 2025 gerechter verteilt sein, da sind sich die beiden Apotheker Maximilian Lernbecher und Dr. Matthias Schneider sicher. Heute gibt es zwar einen geregelten Turnus, sodass viele Inhaber:innen zwei Jahre vorausplanen können. Dafür geht die Spanne bei der Anzahl der Notdienste je nach Lage weit auseinander. Die 28 Dienste pro Jahr im Durchschnitt ergeben sich nämlich aus einer Bandbreite von 13 Notdiensten im Jahr bis hin zu mindestens einer Apotheke mit 91 Notdiensten.

Apotheker Maximilian Lernbecher (links, hier mit Landtagsabgeordnetem Bernhard Seidenath und Minister Klaus Holetschek (beide CSU)) freut sich über die Neuregelung der Notdienste.

Für bis zu 1200 Euro im Monat stellt ein externer IT-Dienstleister für die Kammer nun auf das neue Modell um. Ergeben soll sich ein „völlig freischwebendes Netz über Bayern, das kreis- und bundeslandübergreifend“ die Notdienste verteilt, beschreibt es Lernbecher, der auch beim Bayerischen Apothekerverband (BAV) als stellvertretender Vorsitzender tätig ist. Für seine Apotheke in Dachau wird es voraussichtlich im übernächsten Jahr entspannter.

Auch Schneider wird vom neuen System profitieren. Er betreibt zwei Apotheken an der Grenze zu Baden-Württemberg – und auch noch zwei im benachbarten Bundesland. Dass Baden-Württemberg zeitgleich die Neuregelung angeht, vereinfacht die länderübergreifende Abstimmung umso mehr.

Wie die Kammer bereits verlauten ließ, wird es auch Apotheken mit mehr Diensten geben – dabei wird es sich aber aller Voraussicht nach um diejenigen handeln, die bisher deutlich unter dem Durchschnitt unterwegs waren.

Ein Drittel weniger Notdienste

„Wir freuen uns jedenfalls sehr“, sagt Lernbecher und rechnet für die meisten Kolleg:innen mit einem Drittel weniger Dienste. So habe es auch der externe Dienstleister vorgerechnet. Auf der Delegiertenversammlung wollten manche der anwesenden Inhaberinnen und Inhaber ihre Einzelfälle geklärt haben, das funktioniere heute natürlich noch nicht. Und darum sollte es auch gar nicht gehen, denn für die breite Masse bedeute die Regel eine Erleichterung und für alle werde es endlich gerechter, finden Lernbecher und Schneider. Auch die Kammer käme dann nicht mehr ständig in die Bredouille rund um die Planung.

Nicht nur Lernbecher hätte sich vorab schon ein paar Informationen gewünscht. Und auch die Tatsache, dass es keine wirkliche Testphase gebe, sondern einfach nur den Start ab dem 1. Januar 2025, sei nicht ganz optimal. „Trotzdem schön, dass man das jetzt durchzieht“, findet der Apotheker aus Dachau. Vermutlich wird es etwas chaotischer und er könne Weihnachten nicht mehr zwei Jahre im Voraus planen, aber aktuelle Entwicklungen und Schließungen reißen einfach zu große Lücken in die aktuellen Notdienstpläne. „Wir können unsere Kollegen im Land nicht noch länger warten lassen.“

„Wir ächzen und stöhnen“

Apotheker Dr. Matthias Schneider mit seinen Eigenmarken
Genauso wie Lernbecher auch, gibt Dr. Matthias Schneider zu bedenken, dass weniger Notdienste auch weniger Geld bedeuteten. Wichtiger sei aber, dass es für alle gerechter wird.Foto: Dr. Schneider Apotheken

Ein Aspekt, den beide Apotheker aber auch nicht unbeachtet lassen wollen: Weniger Notdienste bedeuten auch weniger Geld. Da sich aber für die Notdienste schon häufig kaum Personal finde, viele Bewerber:innen sogar abgeschreckt seien, wenn sie hören, wie oft die Apotheke Notdienst habe, blieben die Dienste häufig ohnehin an der Chefin oder dem Chef hängen, da freuten sich die meisten eher über Entlastung. „Geld ist da nur eine Seite der Medaille“, so Schneider. Das geringere Notdiensthonorar sei nebensächlich angesichts der Situation in der breiten Apothekerschaft. „Wir ächzen und stöhnen“, sagt Lernbecher. Viele Kollegen hätten ihre Öffnungszeiten bereits gekürzt, um die Lage noch zu beherrschen.

Kommt es beim neuen System zu Ausfällen oder kann eine Apotheke ein im Notdienst benötigtes Arzneimittel nicht liefern, wird es Partnerapotheken geben, die zeitgleich Notdienst haben. Auch Stellvertreterapotheken, mit denen Notdienste getauscht werden können, berücksichtigt das System.

Laut Schneider müssten Kund:innen aber auch mit längeren Fahrtwegen rechnen, das sei angesichts der sinkenden Apothekenzahlen aber eine ohnehin nicht aufzuhaltende Entwicklung. „Mit den Plänen von Karl Lauterbach zu Scheinapotheken würde es noch dramatischer“, so Schneider. Beide Apotheker hoffen nun zumindest auf die neue bayerische Gesundheitsministerin und dass die Zusammenarbeit mit ihr ähnlich gut läuft, wie mit ihrem Vorgänger.

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