Zwei-Klassen-Versorgung

IKK-Verträge: HAV rät vom Beitritt ab

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Berlin -

Der Hessische Apothekerverband (HAV) warnt eindringlich vor dem neuen Vertrag der IKK classic zur Hilfsmittelversorgung und rät Apotheken ausdrücklich vom Beitritt ab. Seit dem heutigen 1. Juli besteht keine vertragliche Grundlage mehr für die Versorgung von IKK-classic-Versicherten mit Hilfsmitteln durch Apotheken – ein Umstand, den der HAV scharf kritisiert.

Seit heute herrscht ein vertragsloser Zustand zwischen den meisten Apotheken und der IKK classic. Konkret: Viele Versicherte können nicht wie üblich mit Hilfsmitteln versorgt werden. Etliche Inhaber:innen haben sich aufgrund der schlechten Vertragskonditionen gegen den Beitritt zu Einzelverträgen der Kasse entschieden.

Zu Recht, findet auch der HAV: „Nach eingehender Prüfung sehen wir erhebliche Nachteile für Apotheken, insbesondere in Bezug auf Vergütungssystematik, bürokratische Zusatzbelastung und wirtschaftliche Risiken. Der Vertrag verbessert aus unserer Sicht weder die Versorgung der Patienten noch die Rahmenbedingungen für Apotheken, im Gegenteil: Er führt zu einer weiteren Entwertung pharmazeutischer Leistungen“, warnt der HAV-Vorsitzende Holger Seyfarth.

Besonders alarmierend sei laut Seyfarth die akute Bedrohung der Hilfsmittelversorgung für rund drei Millionen Versicherte: „Aufgrund des Vorgehens der Krankenkasse befürchten wir Lücken bei der Versorgung mit Hilfsmitteln.“

Kein fairer Bundesvertrag

Wegen des gekündigten, bundesweit geltenden Versorgungsvertrages zwischen dem Deutschen Apothekerverband (DAV) und der IKK classic, strebt die Krankenkasse nun Einzelverträge mit Apotheken an – zu deutlich schlechteren Konditionen. „Hier gilt es auch politisch den Druck zu erhöhen, denn das Agieren der Krankenkasse läuft völlig der im Koalitionsvertrag der Bundesregierung forcierten Stärkung der Apotheken und der Patientensicherheit entgegen. Es ist exakt ein solch verwerfliches Vorgehen wie das der IKK classic, das letztendlich den Einstieg in eine ungerechte Zwei-Klassen-Versorgung zu Lasten der Patientinnen und Patienten fördert“, erklärt Seyfarth weiter.

Einschaltung des Bundesamts für Soziale Sicherung

Der HAV hat das Bundesamt für Soziale Sicherung eingeschaltet und um aufsichtsrechtliche Prüfung des Vorgehens der IKK classic gebeten – wie es auch schon Thüringen gemacht hat. In dem offiziellen Schreiben heißt es: „Die Versorgungssicherheit, wie sie in § 12 und § 70 SGB V geregelt ist, wird dadurch zunehmend gefährdet. Die Vertragsfreiheit darf nicht als Mittel zur Marktverzerrung und strukturellen Ausgrenzung missbraucht werden. Wir bitten Sie daher, die im Zusammenhang mit der IKK classic bestehenden Vorgänge im Sinne Ihrer aufsichtsrechtlichen Befugnisse zu prüfen und gegenüber der Kasse auf eine rechtskonforme, transparente und diskriminierungsfreie Versorgungspraxis hinzuwirken. Insbesondere bitten wir um Einschätzung, inwieweit die bekannten Vorgänge mit dem gesetzlichen Gleichbehandlungsgebot sowie den Regelungen des SGB IV vereinbar sind.“

Unterstützung für Apotheken

Der HAV appelliert an alle Mitgliedsapotheken, dem neuen Vertrag in der vorliegenden Form nicht beizutreten, und bietet umfassende Unterstützung an: „Wenn Verunsicherungen aufkommen oder gar Druck ausgeübt wird, wenden sich Betroffene bitte jederzeit an mich oder unsere Geschäftsstelle“, so Seyfarth abschließend.

Die Situation bleibt angespannt. Der HAV setzt auf eine geschlossene Linie der Apothekerschaft sowie eine starke Verhandlungsposition des DAV, um die Versorgungssicherheit der Versicherten zu sichern und faire Bedingungen für Apotheken durchzusetzen.

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