HIV-Selbsttests

„Apotheken werden zur Anlaufstelle werden“

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Berlin -

Beim Verkauf von HIV-Selbsttests werden Apotheken zur ersten Anlaufstelle für Kunden werden. Davon geht die Berliner Apothekerin Claudia Neuhaus aus. Ihre Witzleben-Apotheke ist seit 1994 auf HIV-Patienten spezialisiert. „Auch für andere Apotheken ist es wichtig, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen“, sagt sie. Wichtig bei der Beratung sei psychologisches Geschick.

Ab Oktober sollen die Heimtests auch in Deutschland verkauft werden dürfen. Neuhaus hat bereits erste HIV-Selbsttests bestellt. Die Apothekerin sitzt im Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft HIV- und Hepatitis-kompetenter Apotheken (DAH²KA). Der Verein wies im Sommer das Bundesgesundheitsministerium (BMG) darauf hin, dass es zwingend erforderlich sei, „die Abgabe von HIV-Test-Kits mit dem Angebot einer qualifizierten und individuellen Beratung zu verbinden“.

Die Heimtests sollten nur von medizinischem Fachpersonal abgegeben werden, fordert Neuhaus. Eine Leitlinie der Bundesapothekerkammer (BAK) zur Beratung sei nicht geplant, sagt eine BAK-Sprecherin.

Den HIV-Apothekern geht es nicht um eine Bevormundung oder Zwangsberatung. Der Verbraucherschutz habe besonderes Augenmerk, hieß es in einer Stellungnahme an das BMG. Jeder müsse die Möglichkeit haben, alle Fragen rund um den Test und zu einer möglichen Infektion persönlich zu besprechen. Bisher können die Tests nicht durch die Patienten selbst, sondern nur in Praxen oder anderen medizinischen Einrichtungen durchgeführt werden. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sprach sich jedoch gegen eine Apothekenpflicht für die geplanten Heimtests aus.

Die HIV-Apotheker erwarten, dass künftig vermehrt Kunden nach den Selbsttests fragen werden. Daher müssten sich alle Kollegen darauf vorbereiten, dass entsprechende Anfragen kommen. Hier sei Fingerspitzengefühl gefragt: „Wir würden nie sagen, du musst dich testen lassen“, sagt DAH²KA-Vorstand Erik Tenberken.

Der Hinweis auf die neuen Medizinprodukte ergebe sich aus dem Beratungsgespräch heraus, so der Inhaber der Kölner Birken-Apotheke. „Wichtig ist, dass wir Apotheker das Angebot machen, damit die Menschen nicht alleine gelassen werden.“ Es reiche nicht aus, Menschen auf die Packungsbeilage oder Informationen aus dem Internet zu verweisen. Dies ist den HIV-Apothekern zufolge nachlässig – und „im Einzelfall sogar gefährlich“.

Die Medizinprodukte sollen aber auch über Hilfsorganisationen oder Erotikhändler verkauft werden dürfen, so sieht es der Verordnungsentwurf vor. „Wo bleibt da die Anonymität, wenn das Produkt auf dem Band liegt und der Nachbar es sieht“, fragt Tenberken. Auch die ABDA hatte in einer Stellungnahme wegen einer nötigen fundierten Beratung die Apothekenpflicht für HIV-Selbsttests gefordert.

Fragen rund um die Diagnostika könnten diskret in der Apotheke besprochen werden, so Neuhaus. Patienten dürften mit dem Ergebnis nicht alleine gelassen werden, so die Apothekerin. Auf Wunsch werde sie anbieten, den Test in der Offizin etwa im Beratungszimmer durchführen zu können.

Die DAH²KA werde auf die Selbsttests der Marke Exacto zusätzlich zum Logo der Deutschen Aids-Hilfe auch das eigene Logo drucken. Zudem gebe es Informationsbroschüren in mehreren Sprachen. „Alle interessierten Apotheken können sich an uns wenden und bekommen Unterstützung“, sagt Neuhaus. „Ich erhoffe mir, dass wir auch von der ABDA unterstützt werden.“

In größeren Städten werde in Szenemagazinen auf das neue Angebot hingewiesen, so Neuhaus. Im Gespräch könnten weitere Fragen etwa zur Anwendung und weiteren Anlaufstellen geklärt werden. „Wir werden den Kunden nicht sagen, wie sie sich bei einem negativen oder positiven Test verhalten sollen“, so Neuhaus. Als Absicherung sei es sinnvoll, einen zweiten Test durchzuführen. Bei Zweifeln müsse dem Kunden ein Arzt oder eine andere Anlaufstelle empfohlen werden. Wichtig sei aber, dass Apotheken nach Abschluss des Tests als Ansprechpartner zur Verfügung stünden.

HIV-Selbsttests: Was heißt das für den HV? Wie bereitet ihr euch vor? Wisst ihr, wie die Tests funktionieren? Wie geht ihr mit Kunden um, die nach positivem Ergebnis verunsichert in der Apotheke stehen? Habt ihr Angst vor heiklen Gesprächen? Diskutiert mit euren Kollegen im LABOR von APOTHEKE ADHOC!

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