Substitutionsausschluss

Aut-idem-Liste: Koalition macht weiter Druck

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Berlin -

Trotz einer ersten Einigung zwischen Kassen und Apothekern bei der Aut-idem-Liste traut die Regierung dem Frieden offenbar nicht: Die Fraktionen von Union und SPD halten an ihrem Vorhaben fest, die Erstellung der Liste dem Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) zu übergeben. Das sieht ein Änderungsantrag vor, den die Regierungsfraktionen zum Pharmapaket eingebracht haben.

Als sich der GKV-Spitzenverband und der Deutsche Apothekerverband (DAV) über Monate nicht auf eine Substitutionsausschlussliste einigen konnten, wurde es den Gesundheitspolitikern zu bunt: Im Koalitionsvertrag kündigten Union und SPD an, den Verhandlungspartnern die Sache zu entziehen.

Laut dem Änderungsantrag soll der G-BA bis zum 30. September Arzneimittel benennen, bei denen eine Substitution ausgeschlossen wird. „Dabei sollen insbesondere Arzneimittel mit geringer therapeutischer Breite berücksichtigt werden“, heißt es im Antrag. Die Einzelheiten des Verfahrens soll der G-BA selbst festlegen.

Zur Begründung führen Union und SPD an, die bisherige Möglichkeit zur Einigung zwischen Kassen und Apothekern habe sich als „zu schwerfällig und konfliktträchtig erwiesen“. Die Lösung über den Rahmenvertrag soll daher ersetzt werden.

Die Kassen befürworten den Weg über den G-BA. Immerhin sind sie dort, anders als die Apotheker, ebenfalls vertreten. Auf der Gegenseite sind mit den Ärzten, Zahnärzten und Kliniken unterschiedliche Fraktionen, die das Thema mitunter nur am Rande betrifft. Nach der Ankündigung im Koalitionsvertrag wollte sich der GKV-Spitzenverband deshalb schon aus dem Schiedsverfahren zurückziehen.

Doch der Vorsitzende Dr. Rainer Hess hatte eine „kleine Lösung“ erzwungen: Ab April gilt das Austauschverbot zunächst für Ciclosporin und Phenytoin, weitere Wirkstoffe sollen im nächsten Schritt von den Gutachtern beider Seiten bewertet und gegebenenfalls aufgenommen werden. Hierzu wurde im Schiedsverfahren ein Kriterienkatalog erarbeitet.

Der gesundheitspolitische Sprecher der Union, Jens Spahn (CDU), hatte sich erfreut über die Einigung gezeigt. Man werde den weiteren Verlauf des Schiedsverfahrens abwarten und dann entscheiden, ob eine gesetzliche Lösung notwendig sei, sagte Spahn noch in der vergangenen Woche. Aus seiner Sicht wäre eine Einigung der Selbstverwaltung der bessere Weg.

Die Doppelstrategie der Politik könnte historisch begründet sein: Als einige Kassen es mit Nullretaxationen wegen Formfehlern übertrieben, hatte die damalige schwarz-gelbe Regierung ein Verbot erwogen.

Weil die betroffenen BKKen einlenkten, blieb die gesetzliche Regelung aus. Eine generelle Lösung im Rahmenvertrag wurde in der Folge jedoch erneut zur Hängepartie in der Selbstverwaltung. Möglicherweise will die Große Koalition eine solche Situation bei der Aut-idem-Liste verhindern.

Der Änderungsantrag ist Teil des Pharmapakets, mit dem die Regierung unter anderem das Preismoratorium über den März hinaus verlängern will. Das Gesetz soll im April in Kraft treten, eine öffentliche Anhörung im Gesundheitsausschuss ist im Februar vorgesehen. Dabei können dann auch Apotheker und Kassen ihre Haltung zur Aut-idem-Liste zu Protokoll geben. Wird der G-BA tatsächlich beauftragt, ist das Schiedsverfahren eigentlich beendet.

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