Video-Spezial Koalitionsvertrag

Spahn zu Honorar, Retax und rollenden Apotheken

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Berlin -

Wenn die SPD-Mitglieder zustimmen, wird Deutschland in den kommenden vier Jahren von einer Großen Koalition geführt. Seit Ende Oktober wurde in Arbeitsgruppen über gemeinsame Pläne und Visionen verhandelt. Jens Spahn (CDU) ist zufrieden: Man habe eine gute Basis, um als Koalitionspartner nicht nur zu streiten, sondern auch gut zusammenzuarbeiten.

„Die Verhandlungen waren natürlich in der Kompromissfindung manchmal mühsam, weil CDU/CSU und SPD aus ganz unterschiedlichen Richtungen im Wahlkampf kommen. Aber mit einer großen Sachlichkeit haben wir fair und verbindlich gute Kompromisse gefunden“, sagt Spahn. „Man kann sagen: In den nächsten vier Jahren werden wir im Gesundheitswesen, insbesondere bei der ambulanten Versorgung, aber auch bei den Krankenhäusern, eine Menge Gutes und Richtiges tun.“

Das Bekenntnis zum Fremd- und Mehrbesitzverbot haben die Apotheker laut Spahn der Union zu verdanken: „Uns war wichtig, nach den Diskussionen, die es im Wahlkampf von unterschiedlicher Seite gegeben hat, nochmal klar zu stellen, dass wir am Fremd- und Mehrbesitzverbot festhalten wollen und dass uns auch die Freiberuflichkeit des selbstständigen Apothekers sehr, sehr wichtig ist.“

Dies sei übrigens eine von wenigen Grundsatzaussagen im Koalitionsvertrag: „Der Rest sind konkrete Vereinbarungen, etwas zu ändern. Hier haben wir ein klares Bekenntnis abgegeben zu etwas Bestehendem, und das war uns als CDU-CSU sehr wichtig.“ Laut Spahn hat es „manche Überzeugungskunst“ gebraucht, um diesen Punkt so ausdrücklich miteinander zu vereinbaren. „Aber am Ende tragen wir das gemeinsam genau so.“

Aber warum war für die Apotheker nicht mehr drin? Von der Honorierung bis zur Übertragung neuer Aufgabenfelder und der Weiterentwicklung des Berufsbildes hätte es genug Themen gegeben. Spahn: „Wenn wir einen Koalitionsvertrag machen, heißt das ja nicht, dass abschließend alle Themen für vier Jahre drin stehen.“ Man werde mit den Apothekern gerne auch über Veränderungen in der Honorierung reden. „Aber die Vorschläge müssen von den Apothekern kommen.“

Leer ausgegangen sind die Apotheker auch in Sachen Retaxationen. Der Zeitpunkt wäre günstig gewesen, denn andere Leistungserbringer wollen Union und SPD vor Kassenwillkür schützen. Ihm sei aber zuvor aus dem Ministerium und von den Apothekern gemeldet worden, dass sich das Thema beruhigt habe. Jetzt kämen wieder andere Meldungen.

„Wenn sich das herausstellt, dass dieses Instrument immer noch so als Schikane genutzt wird, muss man es gesetzlich regeln. Das ist ja eigentlich auch nicht schwierig: Vor allem muss man regeln, dass in einem solchen Fall der Apotheker nicht auch noch den Arzneimittelpreis mitbezahlen muss. Da ist schließlich etwas abgegeben worden. Und das sollte die Kasse dann auch bezahlen.“

Wie bei den Kliniken soll auch bei Ärzten und Apothekern künftig der Qualitätsaspekt bei der Vergütung eine stärkere Rolle spielen. Dazu gehört auch die Versorgung ländlicher Regionen – hier soll es laut Spahn keine Abstriche geben. „Wir wollen eine flächendeckende Versorgung. Und wir wollen eine gute Versorgung. Und für beides bringen gerade die Apotheker beste Voraussetzungen mit. Das leisten sie im Grunde schon jeden Tag an vielen, vielen Stellen. Das an einigen Stellen noch verbindlicher zu gestalten, ist eine gute Aufgabe für die nächsten vier Jahre.“

Ob es gerade in sehr ländlichen Regionen weitere Schritte braucht, will Spahn mit den Apothekern besprechen. „Und wir müssen miteinander darüber reden, was wir in den Regionen unternehmen, in denen es sich betriebswirtschaftlich wirklich nicht lohnt, eine Apotheke zu betreiben.“

Spahn verweist auf die Möglichkeit der Rezeptsammelstellen: „Die funktionieren gut. Wenn das die Lösung ist, bin ich zufrieden. Wenn es mehr braucht, wollen wir zusammen mit den Apothekerkammern und -verbänden neue Lösungen entwickeln – aber immer unter dem Aspekt der Arzneimittelsicherheit und Sicherheit bei der Abgabe.“

Da klingen sie wieder an, die rollenden Apotheken, die die Union im Wahlprogramm stehen hatte und die viele Apotheker ihr übel genommen hatten. Spahn relativiert: „Wenn ich den Apothekertag besuche, stehen davor immer viele Autos. Da steht dran: 'Fliegende Apotheke', 'Rollende Apotheke', 'Wir bringen es zu Ihnen'. Den Lieferdienst zum Patienten gibt es doch heute schon. Und dass dieser im ländlichen Raum eine Option ist, ist Fakt. Das findet statt, zigtausendfach in Deutschland.“

Aber ist deswegen der Gesetzgeber nochmal gefragt? „Nein. Deswegen steht ja auch nichts im Koalitionsvertrag.“

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