Gesundheitspolitik

Koalition: Stillstand bei Arzneimittel-Themen

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Berlin -

Die offenen Baustellen der schwarz-gelben Regierungskoalition im Arzneimittelbereich sind zahlreich: die Umsetzung der versprochenen Notdienstpauschale für Apotheker, die Probleme mit exklusiven Impfstoffausschreibungen sowie der Nachbesserungsbedarf bei der frühen Nutzenbewertung. Viel Zeit bleibt der Koalition nicht mehr: Im Juni ist die letzte Sitzungswoche im Bundestag. Zudem wird nun klar, dass viele Themen stocken, weil noch Uneinigkeit besteht – oder das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sich passiv verhält.

Beispiel Impfstoffausschreibungen: Christine Aschenberg-Dugnus, stellvertretende gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, hatte eine Abkehr vom derzeitigen Ausschreibungsmodell angekündigt. Zur Diskussion steht neben dem kompletten Verbot exklusiver Ausschreibungen auch die Vergabe an mehrere Unternehmen.

Das BMG soll in dieser Frage zurückhaltend agieren und selber keinen Entwurf vorlegen wollen. Die Fraktionen sind daher auf sich angewiesen und müssen nun einen Vorschlag erarbeiten, um ihn dann dem Ministerium vorzustellen. Bislang gibt es den aber noch nicht.

Ähnlich passiv verhält sich das BMG in Sachen früher Nutzenbewertung. Klärungsbedarf gibt es hier in zwei Bereichen: Einerseits berechnen die Apotheker ihre Margen für neue Medikamente mit Zusatznutzen derzeit auf Basis des Listenpreises, die Krankenkassen fordern als Berechnungsbasis jedoch den niedrigeren Erstattungspreis.

Mehrere Gesundheitspolitiker der Koalition haben sich bereits gegen den Alleingang der Apotheker ausgesprochen. Selbst das BMG hatte vor einigen Monaten klar gestellt, dass die Margen auf der niedrigeren Basis berechnet werden müssten. Wo ein Wille ist, ist aber kein Weg: Das Ministerium hat sich bislang nicht eingemischt.

Ein zweites Problem hat sich durch eine Gerichtsentscheidung ergeben: Der Pharmakonzern Novartis hatte gegen die Nutzenbewertung von Arzneimitteln aus dem Bestandsmarkt geklagt. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat Novartis im Eilverfahren nun eine längere Frist zur Einreichung seines Dossiers bewilligt. Unions-Gesundheitsexperte Jens Spahn (CDU) forderte danach, die Überprüfung des Bestandsmarktes notfalls gesetzlich festzuschreiben.

Unklarheit gibt es weiterhin auch in Sachen Notdienstpauschale: Nachdem sich das BMG für seinen ersten Entwurf vom Bundesinnenministerium (BMI) eine Absage abholen musste, gibt es nach wie vor keinen neuen Vorschlag. Dass Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) den Apothekern beim Spitzentreffen in dieser Woche einen Entwurf vorlegt, ist unwahrscheinlich. Denn noch wissen nicht einmal die gesundheitspolitischen Spitzen etwas von einem konkreten Vorschlag. Dem Vernehmen nach werkeln die Ressorts weiterhin an einer rechtlich einwandfreien Lösung.

Für einige dieser Regelungen wird die Koalition die Zustimmung des Bundesrates benötigen. Sollten die Länder mit den Entwürfen nicht zufrieden sein, könnten sie den Vermittlungsausschuss anrufen – und das kostet Zeit.

Die letzte Sitzungswoche des Bundestages vor der Bundestagswahl ist für Ende Juni vorgesehen, danach beginnt die Sommerpause. Plenarsitzungen des Bundesrates finden bis zur Wahl nur noch sechs Mal statt. Bei einer dieser sechs Sitzungen müsste auch die Notdienstpauschale besprochen werden.

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