Nutzenbewertung

Gericht verschiebt Nutzenbewertung

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Berlin -

Die Überprüfung des Arzneimittel-Bestandsmarktes ist eines der wichtigsten Projekte des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Mit den Gliptinen sollte es beginnen. Doch das Landessozialgericht Berlin (LSG) hat die Prüfer nun vorerst gestoppt: In einem Eilverfahren gaben die Richter dem Schweizer Pharmakonzern Novartis recht, der gegen die Überprüfung zweier Medikamente geklagt hatte.

Die frühe Nutzenbewertung war mit dem AMNOG etabliert worden: Innerhalb des ersten Jahres nach Markteinführung müssen Hersteller für ihr Präparat anhand eines Dossiers den Zusatznutzen nachweisen. Der G-BA hatte nach dem AMNOG angekündigt, das Verfahren auch auf schon seit Jahren verschriebene Medikamente auszuweiten. Sowohl der G-BA als auch die Krankenkassen erhoffen sich durch die Überprüfung des Bestandsmarktes Einsparungen in Milliardenhöhe.

Im Juni hatte der G-BA erstmals eine Nutzenbewertung für bereits auf dem Markt befindliche Arzneimittel in beauftragt: Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) soll Sitagliptin, Vildagliptin und Saxagliptin sowie deren Kombinationen bewerten. Novartis hatte aber dagegen geklagt. Nach einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) geht es um die Möglichkeit, gegen laufende Prüfverfahren zu klagen.

„Eine gesonderte Klage gegen die Nutzenbewertung ist unzulässig“, heißt es im Sozialgesetzbuch. Klagen von Herstellern und Kassen sind daher nur gegen das Ergebnis eines Schiedsspruchs zulässig, nicht aber während des Verfahrens. Damit sollte vermieden werden, dass sich die Nutzenbewertung unnötig in die Länge zieht.

Novartis hatte argumentiert, dass sich diese Vorschrift ausschließlich gegen Verfahren der frühen Nutzenbewertung richte, nicht aber gegen Überprüfungen von Medikamenten aus dem Bestandsmarkt. Demzufolge dürften Hersteller, deren Medikamente schon länger auf dem Markt sind und die gerade auf ihren Zusatznutzen überprüft werden, schon während des Verfahrens klagen.

Noch im vergangenen Jahr hat das LSG dem Eilverfahren stattgegeben. Ein Gerichtssprecher betonte allerdings, Novartis habe bisher nur eine Fristverlängerung für die Dossiers erreicht. Die Sachentscheidung stehe noch aus. Dem FAZ-Bericht zufolge soll Novartis nun bis Ende März Zeit bekommen haben, die Studien vorzulegen.

Sowohl der G-BA als auch die Krankenkassen befürchten nun eine Klagewelle von anderen Herstellern. G-BA-Chef Josef Hecken fordert den Gesetzgeber daher auf, den „nebulösen“ Paragraphen zu erneuern.

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