Patientenbeauftragter Laumann

„SPD bedroht wohnortnahe Apotheke“

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Berlin -

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung wirft der SPD vor, die Apotheke um die Ecke in Existenznöte zu bringen. „Die SPD-Bundestagsfraktion lässt die wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln sehenden Auges vor die Wand fahren“, sagte Karl-Josef Laumann (CDU).

Laumann reagierte damit auf den Widerstand der SPD gegen das von Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) geplante Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln. Ein entsprechendes Gesetzesvorhaben war in der vergangenen Woche im Koalitionsausschuss gescheitert.

Laumann betonte, die wohnortnahe Apotheke werde gebraucht, „um die Versorgung der Menschen sicherzustellen“. Er bezieht sich auf eine Studie des Verbraucherministeriums, die Apotheken seien einer der wichtigsten Partner zur Stärkung der Gesundheitskompetenz in Deutschland. „Insbesondere ältere und chronisch kranke Menschen sind hier auf eine wohnortnahe Versorgung angewiesen.“ Die Politik müsse sich darauf konzentrieren, die Apotheke vor Ort zu schützen.

Die SPD argumentiert dagegen, der Versandhandel sei gerade im ländlichen Raum und für chronisch kranke Menschen von großem Vorteil. Bei den Sozialdemokraten wird der CDU vorgeworfen, die Apotheker für den Wahlkampf zu instrumentalisieren. SPD-Fraktionsvize Karl Lauterbach hatte gestern gesagt, die Apotheker ließen sich von der Union für dumm verkaufen.

Lauterbach schlägt als Lösung eine Deckelung der Rx-Boni vor. Mit dem EU-Recht sei eine Begrenzung ebenfalls kompatibel. „Niemand soll bei Versandapotheken bestellen, nur um Boni zu kassieren“, sagte Lauterbach. Boni dürfen nicht das dominierende Motiv für die Bestellung im Internet sein. Die Verlierer bei dieser Variante wären die deutschen Versandapotheken, die sich weiterhin an die Preisbindung halten müssten.

Neben einem Boni-Deckel kann sich Lauterbach vorstellen, die Beratungsleistung der Apotheker besser zu honorieren. Das werde derzeit nicht „ausreichend“ berücksichtigt. Auch über einen höheren Zuschlag für den Nacht- und Notdienst könne man nachdenken. Die SPD wolle weiter versuchen, für die Apotheker eine Verbesserung der Lage nach dem EuGH-Urteil zu erreichen. Die Luxemburger Richter hatten im Oktober 2016 entschieden, dass ausländische Versandapotheken Rx-Boni gewähren dürfen.

Die ABDA sieht in einem Rx-Versandverbot die einzige Lösung des Problems, wäre allenfalls für Maßnahmen zur Schadensbegrenzung bereit, sollte das Gesetz nicht kommen. Die Apotheker hoffen jetzt darauf, nach der Bundestagswahl im September einen neuen Anlauf nehmen zu können. Das Rx-Versandverbot soll als Thema im Wahlkampf platziert und möglichst in die anschließenden Koalitionsverhandlungen getragen werden. Der Patientenbeauftragte Laumann sieht das offenbar ähnlich.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt hatte die SPD in einem Brief an alle Apothekenleiter kritisiert. Die Blockade der Sozialdemokraten sei inhaltlich unverständlich, und stehe in Widerspruch zur Position mehrerer SPD-geführter Landesregierungen. „Dieser Widerspruch ist kaum inhaltlich, sondern vielmehr machtpolitisch begründet – ein Umstand, den wir nur mit großem Befremden zur Kenntnis nehmen können“, so Schmidt.

Aus Sicht des ABDA-Präsidenten gibt es keine vernünftige Alternative zum Rx-Versandverbot. „Deshalb ist jetzt auch jegliche Debatte über vermeintlich alternative Konzepte oder Pläne B bis F völlig überflüssig und schädlich.“

Am 27. April bittet der SPD-Gesundheitspolitiker ABDA & Co. zum Gespräch. In den Gesprächen habe er aber den Eindruck gewonnen, dass sich die ABDA anderen Lösungen nicht verschließe, nachdem jetzt klar sei, dass das Rx-Versandverbot gescheitert sei, so Lauterbach.

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