Antrag zum Parteitag

Mehrwertsteuer: SPD will Änderungen bei Rx und OTC

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Berlin -

Vom 27. bis zum 29. Juni findet der ordentliche Bundesparteitag der SPD statt. Das 134 Seiten umfassende Antragsbuch enthält 41 gesundheitspolitische Initiativen – Schwerpunkte liegen auf der Krankenhausversorgung, der Pflege und der psychischen Gesundheit. Auch die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Dr. Tanja Machalet, hat als Mitglied der Antragskommission mitgewirkt. Die Apotheken werden in den Anträgen nur am Rande berücksichtigt.

Rezeptfreie Abgabe von Naloxon

Mit einem Antrag der SPD-Landesorganisation Hamburg soll Naloxon-Nasenspray nach kanadischem Vorbild rezeptfrei in Apotheken erhältlich gemacht werden – steuerfinanziert und für Betroffene kostenlos. Ergänzend sollen zudem Suchthilfeeinrichtungen und Drogenberatungsstellen staatlich finanzierte Kurzschulungen zum Einsatz des Medikaments anbieten.

Barrierefreiheit – Apotheken gestrichen

Im Antrag „Barrierefreie Apotheken, Arztpraxen und barrierefreie Behandlung“ war ursprünglich die Rede davon, dass alle neu einzurichtenden Apotheken und Arztpraxen einen barrierefreien Zugang haben müssen. Auf Empfehlung der Antragskommission soll diese Formulierung gestrichen wrden. Übrig geblieben ist nur die Formulierung zu barrierefreien Arztpraxen: „Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert sich dafür einzusetzen, dass eine barrierefreie ärztliche Behandlung in Medizinischen Ärztezentren und/oder oder in Gemeinschaftspraxen vorgehalten wird.“

Mehrwertsteuer: Rx vs. OTC

Apotheken finden sich auch in einem Antrag wieder, der nicht in den Bereich Gesundheit und Pflege, sondern Steuern und Finanzen fällt: Die Antragsteller aus Lambsheim fordern eine umfassende Reform der Mehrwertsteuer im Gesundheitswesen: Verschreibungspflichtige Arzneimittel sollen demnach vollständig von der Umsatzsteuer befreit, apothekenpflichtige rezeptfreie Präparate zumindest dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden.

Auch ärztliche Leistungen und Pflegeangebote sollen künftig steuerfrei gestellt werden. Der „Vorwegabzug“ soll für Ärzte und Krankenhäuser aufgehoben werden, sodass eine „verdeckte Mehrwertsteuerbelastung“ wegfällt.

Aus Hamburg kommt der Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Schwangerschaftstests sowie kommerziell erhältliche Verhütungsmittel abzuschaffen. Ohnehin sollten verschreibungspfichtige Verhütungsmittel wie Pille, Spirale oder Hormonpfaster durch die Kassen auch nach dem 22. Lebensjahr übernommen werden, genauso wie die Pille danach.

Allerdings soll auch die Umsatzsteuer bei Strom und Grundnahrungsmitteln gesenekt werden.

Umsetzung des Koalitionsvertrags

Auch wenn Apotheken in den Anträgen nur eine eher untergeordnete Rolle spielen, wird im Antragsbuch wenigstens Bezug auf die Umsetzung des Koalitionsvertrags im Bereich Gesundheit genommen, in dem auch Maßnahmen zur wirtschaftlichen Stärkung der Vor-Ort-Apotheken vorgesehen sind.

Im Antrag „Legislaturperiode für die Menschen“ heißt es: „Die SPD-Bundestagsfraktion und die sozialdemokratischen Mitglieder der Bundesregierung werden aufgefordert, die Umsetzung des Koalitionsvertrag im Bereich Gesundheit und Pfege eng mitzugestalten und zu gewährleisten, dass die Konkretisierungen der Vereinbarungen mit den sozialdemokratischen Werten übereinstimmen.“

Die begonnenen und weiter vereinbarten Strukturreformen sollen konsequent im Sinne der Patientinnen und Patienten sowie der Versicherten fortgesetzt werden. Gerade bei zentralen Wahlkampfthemen der SPD – wie der Termingarantie für gesetzlich Versicherte beim Facharzt oder dem sogenannten „Pflegedeckel“ zur Begrenzung der Eigenanteile für Pflegebedürftige – soll laut Antrag auf eine wirksame Umsetzung hingewirkt werden.

Finanzierung der GKV

Immer höhere Beiträge belasten Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Gleichzeitig warnen die Krankenkassen trotz erheblicher Steigerungen zu Jahresbeginn immer wieder vor weiteren, auch zwischenjährigen Zusatzbeiträgen. Entsprechend finden sich im 134 Seiten starken Antragsbuch auch Forderungen zur nachhaltigen Finanzierung der Kassen.

Unter anderem soll der Bundesparteitag beschließen, dass sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion dafür einsetzen, versicherungsfremde Leistungen ganz oder zumindest stärker als bisher aus Steuermitteln zu finanzieren, um die Beiträge zu dämpfen beziehungsweise zu senken. Die Beitragsbasis soll durch Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und die Einbeziehung weiterer Einkommensarten gestärkt werden. Außerdem soll der Bundeszuschuss jährlich dynamisiert werden, und der Ausbau von Prävention sowie Digitalisierung gilt als wichtiger Teil der Lösung.

Um Beitragssteigerungen kurzfristig zu stoppen, sollen sich die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion für Maßnahmen zur Stabilisierung der Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung einsetzen. Dazu gehören neben der Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf gesundheitsbezogene Waren und Dienstleistungen auch die steuerfinanzierte Übernahme der Beiträge für Bürgergeldbeziehende sowie der Verzicht auf weitere Gesetzesvorhaben, die zusätzliche Beitragserhöhungen auslösen könnten.

Auch die Finanzierung der Pflegeversicherung und die steigenden Kosten für Pflegebedürftige sind Thema: Gefordert werden mehr Transparenz bei Pflegekosten, eine Begrenzung der Eigenanteile sowie strukturelle Reformen.

Entwicklung von Antibiotika

Um die Versorgung mit wirksamen Antibiotika langfristig zu sichern, sollen neue Wege in der Forschung geprüft werden. Der Bundesparteitag soll beschließen, zu prüfen, ob und wie eine staatliche Forschungseinrichtung zur Entwicklung von Antibiotika realisiert werden kann – und inwieweit Anreize für Unternehmen geschaffen werden können, um neue Wirkstoffe auf den Markt zu bringen.

Darüber hinaus enthält das Antragsbuch unter anderem Anträge zur Überarbeitung des Krankenhausstrukturgesetzes sowie zum Ausbau präventiver Angebote, verstärkter Aufklärungsarbeit in Schulen und zur Schaffung von Anreizen für gesundheitsförderndes Verhalten. Auch die psychische Gesundheit wird thematisiert – mit Forderungen nach mehr Therapieplätzen, einer besseren Ausbildung von Psychotherapeutinnen und -therapeuten sowie einem leichteren Zugang zu Hilfsangeboten.

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