Scmerzmittel im Amateurfußball

Correctiv startet Analgetika-Erhebung

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Berlin -

Spätestens seit dem Fall von Ivan Klasnić ist der Öffentlichkeit bekannt, dass es im Profifußball ein Problem mit Schmerzmittelmissbrauch gibt. Allerdings gibt es auch Hobbyfußballer, die Analgetika häufiger als geboten zu sich nehmen – und sich damit eventuell schaden. Das Recherchenetzwerk Correctiv will nun herausfinden, wie groß dieses potentielle Problem ist.

Klasnićs Fall war besonders drastisch und lenkte deshalb bereits vor Jahren die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf ein zuvor kaum beachtetes Problem: Beim damaligen Werder-Bremen-Stürmer war im Jahr 2002 eine leichte Niereninsuffizienz festgestellt worden. Dennoch erhielt er weiter kontinuierlich große Mengen des Schmerzmittels Diclofenac – schließlich musste er funktionieren, stets einsatzbereit sein. Vier Jahre später erhielt er dafür die Rechnung, seine Nieren waren kaputt, im Dezember 2006 fiel die Entscheidung zur Nierentransplantation.

Daraufhin entspann eine Diskussion über die Rücksichtnahme auf die Gesundheit von Profifußballern in der Bundesliga. Ein ehemaliger Arzt der deutschen Nationalmannschaft sagte den Medien damals, Schmerzmittel würden im Profifußball „wie Smarties“ eingenommen. Mittlerweile warnt auch der Deutsche Fußballbund (DFB) auf seiner Internetpräsenz vor Schmerzmittelmissbrauch: Auf einer Infoseite für Trainer informiert er auch Amateurtrainer über die Gefahren exzessiven Analgetikakonsums. „Viele Sportler versuchen, anfallende Erholungszeiten durch Medikamente zu beschleunigen, wenn nicht sogar zu umgehen“, heißt es dort. „Die Motivationslage ist verständlich – sie wollen weiterhin am Ball bleiben – doch die Auswirkungen dürfen nicht unterschätzt werden.“

Zwar sind entzündungshemmende Medikamente wie Aspirin, Ibuprofen oder Naproxen rezeptfrei erhältlich – doch bei zu langer Einnahme können sie zu Leber- und Nierenschäden führen, warnt der DFB. „Sie als Trainer sollten diese Problematik im Blick haben!“, rät er Trainern. „Spieler denken oft nur sehr kurzfristig, haben ihren Stammplatz im Blick oder lassen sich von falschem Ehrgeiz leiten. Hier ist es Ihre Verantwortung, den Sportler vor sich selbst zu schützen. Der langfristige Konsum von Schmerzmitteln birgt für die Spieler mehr Gefahren, als sie effektiven Nutzen daraus ziehen können.“ Deshalb gelte: „Der Einnahme von Schmerzmitteln grundsätzlich kritisch gegenüberstehen!“

Denn das Problem scheint nicht nur im Profifußball virulent zu sein. Wer sich mit Amateurfußballern unterhält, höre immer wieder ähnliche Geschichten, stellt Correctiv fest: „Ein wichtiges Spiel steht an. Einige Spieler sind leicht angeschlagen oder verletzt. Mit Schmerzmitteln lassen sich die Schmerzen kurzzeitig ausschalten. In den Mannschaftskabinen greifen die Fußballer zu Ibuprofen, Paracetamol oder Voltaren.“

Correctiv will deshalb nun herausfinden, wie weit verbreitet der Schmerzmittelgebrauch im Amateurfußball ist, auch weil es dazu bisher keine wissenschaftlichen Untersuchungen gibt und die Fußballverbände dazu keine Daten erheben. Das Problem könnte demnach durchaus gesellschaftliche Relevanz haben, immerhin hat der DFB über sieben Millionen Mitglieder, zwei Millionen davon aktive Vereinsspieler. Pro Saison werden in Deutschland 1,3 Millionen Partien gespielt. „Wenn viele dieser Sportler regelmäßig zu Schmerzmitteln greifen, ist das in erster Linie für sie selbst gefährlich – aber auch für die Gesellschaft“, so Correctiv.

Deshalb fordert das gemeinnützige Recherchebüro nun Amateurfußballer auf, an einer wenige Minuten dauernden Umfrage teilzunehmen. Darin wird unter anderem erfragt, wie oft und regelmäßig man im Laufe der eigenen Fußballkarriere wie viele Analgetika eingenommen hat. Auch nach Wirkstoffen wird gefragt, zur Auswahl stehen Ibuprofen, Diclofenac, Arcoxia und Aspirin. Auch die Motivation wird abgefragt: Unter anderem können die Befragten anklicken, ob sie Schmerzmittel genommen haben, um Schmerzen aus einer Verletzung zu lindern, die Belastbarkeit nach einer Krankheit oder Verletzung zu erhöhen, die Leistung zu steigern, um den Kopf frei zu haben und sich sicher zu fühlen oder etwa „ohne konkrete Ziele“ – „Ich nahm sie aus Routine“, ist eine weitere Möglichkeit. Darauf aufbauend soll erfragt werden, wie gut die Spieler vorher beispielsweise über Folgeschäden und Nebenwirkungen informiert waren oder sind. Ob die Umfrage verwertbare Ergebnisse liefert, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen.

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