Desinfektionsmittel: Nicht alles wirkt Alexandra Negt, 21.03.2020 08:48 Uhr
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Apotheken dürfen vorerst Desinfektionsmittel selbst herstellen. Alternativen zu alkoholbasierten Lösungen wirken meist nicht gegen unbehüllte Viren und stellen somit kein adäquates Desinfektionsmittel gegen Corona dar. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Alkoholbasierte Desinfektionsmittel sind weitestgehend ausverkauft. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Doch nicht alle alkoholische Lösungen sind gegen das unbehüllte Sars-CoV-2 Virus wirksam. es kommt unter anderem auf die Konzentration drauf an. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Begrenzt viruzid heißt das Stichwort: Ein geeignetes Desinfektionsmittel muss zumindest in die Kategorie begrenzt viruzid einsortiert sein, ansonsten Ist die Lösung gegen Sars-CoV-2 wirkungslos. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Wer kein alkoholbasiertes Desinfektionsmittel mehr bekommt, fragt nach Alternativen. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Das bekannte Wunddesinfektionsspray Octenisept enthält den Wirkstoff Octenidin-HCl und ist nach längerer Einwirkzeit wirksam gegen Sars-CoV-2. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Sars-CoV-2 ist wirksam gegen Sars-CoV-2. eine großflächige, wiederholte Anwendung ist aufgrund des iOS-Gehaltes jedoch nicht uneingeschränkt möglich. Darüber hinaus färbt der Arzneistoff die Haut mehrere Tage rot-orange. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Mittel wie Klosterfrau Melissengeist enthalten zwar einen hohen Prozentsatz Alkohol, jedoch liegen keine Daten vor, die die Abtötung eines unbehüteten Virus auf der Haut bestätigen. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Auch andere alkoholische Lösungen verfügen über keine belegten Wirkspektren. Neben Melissengeist wird zum Teil die Anwendung von Parfum empfohlen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - Alkoholbasierte Desinfektionsmittel sind zur Mangelware geworden. Obwohl Apotheken durch Ausnahmeregelung zur Biozidverordnung entsprechende Zubereitungen auf Isopropanolbasis herstellen dürfen, kann die Nachfrage nicht gedeckt werden. Alternative Rezepturen mit ätherischen Ölen oder Vitamin C kursieren im Netz. Zahlreiche Kunden erachten auch die zusätzliche Desinfektion der Schleimhäute als sinnvolle Präventionsmaßnahme. Da Alkohol auf Schleimhäuten und Wunden brennt, werden andere Wirkstoffe nachgefragt: Polihexanid, Octenidin und Povidon-Iod. Doch wie geeignet sind diese Stoffe zur Bekämpfung des Coronavirus?
Sars-CoV-2 ist ein behülltes Virus aus der Gruppe der Coronaviren. Zur Inaktivierung des Keims auf Oberflächen sind Desinfektionsmittel mit nachgewiesener begrenzt viruzider Wirksamkeit nötig. Desinfektionsmittel mit den Wirkbereichen viruzid, begrenzt viruzid und begrenzt viruzid plus können eingesetzt werden.
Octenidin-HCl
Das Breitband-Antiseptikum ist für die Wunddesinfektion auf Schleimhäuten und Haut gedacht. Octenidin-HCl ist gut wirksam gegen Bakterien und Pilze. Bei den Viren ist die wirkung begrenzt: Hier wirkt der Stoff nur bei behüllten Viren, auch lipophile Viren genannt. Gegen Sars-CoV-2 besteht eine Wirkung – nach längerem Einreiben (mindestens eine Minute) wird das Virus abgetötet.
Die Wirkung beruht auf Ionen-Wechselwirkungen mit der Zellmembran: Das Octenidin-Kation geht in Wechselwirkung mit den negativ geladenen Anteilen der Zellwand oder der Zellmembran des Mikroorganismus. Da Sars-CoV-2 diese lipophile Hülle besitzt, besteht ein Angriffspunkt – das Virus überlebt nicht.
Der keimtötende Effekt tritt nach 60 Sekunden ein. Octenidin-HCl gilt als gut verträglich. Gelegentlichen kommt es nach dem Auftragen zu Brennen oder Juckreiz. Wird der Stoff in der Mundhöhle angewendet, kann es zu reversiblen Geschmacksstörungen kommen. Der Geschmack ist bitter. Die Anwendung im Gehörgang und im Auge ist kontraindiziert. Der Wirkstoff darf nur oberflächlich angewendet werden, da es bei der Anwendung in Körperhöhlen und tieferem Gewebe zu Schädigungen und im schlimmsten Fall Nekrosen kommen kann. Octenidin-HCl hinterlässt allerdings, anders als Alkohole, einen klebrigen Film auf der Haut.
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