Vielversprechende Therapieoption

Axolotl-Schleim bekämpft Krebszellen

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Berlin -

Peptide aus dem Hautschleim des Axolotls könnten neue Wege in der Bekämpfung resistenter Bakterien und von Krebs eröffnen. Die kleinen Eiweißmoleküle zeigten im Labor eine starke Wirkung gegen multiresistente Keime und lösten gezielt den Tod von Brustkrebszellen aus – ohne dabei gesunde Zellen zu schädigen.

Weltweit nehmen Resistenzen gegen Antibiotika zu, gleichzeitig fehlen neue Wirkstoffe, um schwere Infektionen effektiv zu behandeln. Auch bei Krebs sind viele Therapien mit starken Nebenwirkungen verbunden und nicht immer wirksam. In einer aktuellen Studie haben Forschende antimikrobielle Peptide (AMPs) untersucht – natürliche Eiweißmoleküle, die viele Lebewesen zur Abwehr von Krankheitserregern produzieren. Ziel war es herauszufinden, ob solche Peptide aus dem Hautschleim des Axolotls (Ambystoma mexicanum) nicht nur Bakterien, sondern auch Krebszellen angreifen können.

Der mexikanische Schwanzlurch kann Gliedmaßen und Organe regenerieren und ist trotz hoher Zellteilung kaum betroffen von Krebs. Sein Immunsystem basiert fast ausschließlich auf angeborenen Schutzmechanismen wie Schleimbarrieren und Peptiden – im Gegensatz zum Menschen mit seinem adaptiven Immunsystem. Diese Eigenschaften machen ihn zu einem wissenschaftlich interessanten Modell für die Suche nach natürlichen Schutzstoffen.

Für die Studie wurde der Schleim von Axolotln gewonnen – laut den Forschenden schonend und ohne Tierversuch im engeren Sinne: Die Tiere wurden mit Handschuhen sanft massiert, der Schleim wurde mit sterilen Spateln entnommen. Laut Einschätzung des Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES) ist dies nicht belastend für die Versuchstiere und genehmigungsfrei. Die Axolotl lebten in Gruppen bei 12 bis 20  °C ohne künstliches Licht, mit natürlichem Tag-Nacht-Rhythmus und Spezialfutter.

Gezielte Wirkung gegen Krebszellen

Aus dem Schleim wurden mithilfe von Massenspektrometrie rund 5000 verschiedene Peptidsequenzen identifiziert. Mit einem computergestützten Vorhersagetool wurden daraus 22 Peptide mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit für antimikrobielle Wirkung ausgewählt und synthetisch nachgebaut. Im Labortest zeigten sich deutliche Wirkungen:

  • Peptid 1 hemmte das Wachstum von MRSA bereits bei einer Konzentration von 2 µg/ml – vergleichbar mit dem Reserveantibiotikum Vancomycin.
  • Auch Peptide 2, 7 und 13 waren gegen MRSA wirksam, und zusätzlich sechs Peptide gegen den empfindlicheren MSSA-Stamm.

Zusätzlich wurden Brustkrebszellen mit den Peptiden behandelt. In einem Apoptose-Test, der misst, ob Zellen gezielt in den Zelltod geschickt werden, zeigten besonders die Peptide 1, 12 und 13 Wirkung. Schon bei einer Konzentration von 1 µg/ml wurde ein erhöhter Zelltod in den Krebszellen beobachtet, ohne dass gesunde Brustepithelzellen betroffen waren.

In einer Genexpressionsanalyse nach 24 Stunden Stimulation zeigten sich darüber hinaus weitere Effekte:

  • Alle drei Peptide führten zu einer Reduktion von IL6 – einem Entzündungsfaktor, der das Wachstum bestimmter Brusttumore fördern kann.
  • Peptide 1 und 12 reduzierten zusätzlich das Zellzyklus-Gen CCND2, das für das Tumorwachstum mitverantwortlich ist.
  • Peptide 12 und 13 steigerten die Aktivität wichtiger Tumorsuppressorgene.

Die Ergebnisse deuten laut den Forschenden darauf hin, dass bestimmte Peptide aus dem Axolotl-Schleim gezielt gegen resistente Bakterien und Krebszellen wirken können, ohne dabei gesunde Zellen zu schädigen. Aufgrund ihrer geringen Konzentration bei gleichzeitig hoher Wirkung gelten sie als vielversprechende Ausgangsstoffe für neue Antibiotika oder Krebsmedikamente. Weitere Studien seien allerdings notwendig, um die genaue Wirkweise zu klären und mögliche Anwendungen beim Menschen zu prüfen.

Die Studie mit dem Titel „Identification of antimicrobial peptides from the Ambystoma mexicanum displaying antibacterial and antitumor activity“ wurde von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), dem Fraunhofer-Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin sowie dem Institut für Toxikologie der MHH durchgeführt und kürzlich in der internationalen, multidisziplinären Online-Fachzeitschrift der Public Library of Science (Plos One) veröffentlicht.

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