Zum Abschied weinen die Kunden Silvia Meixner, 21.04.2018 08:20 Uhr
-
Die Nord-Apotheke in Gießen schließt für immer. Apothekerin Ingrid Quambusch hätte gern noch ein paar Jahre weitergemacht, aber sie kann ihren Mietvertrag nicht verlängern.
-
Sehr alt und sehr stabil: Diese Ziehschränke stehen zum Verkauf.
-
Für viele ist das Apothekensterben nur eine Zahl – hier ist die Geschichte der Berliner Apothekerin Anja Rotman, die nach fast neun Jahren Selbstständigkeit Anfang des Jahres schließen musste. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Am 15. Januar übergab Anja Rotman die Schlüssel an ihren Vermieter. Dann war die Wieland-Apotheke in Berlin nach 115 Jahren Geschichte. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Die schöne Einrichtung stammte noch aus dem Gründungsjahr und wird an eine Arztpraxis verkauft. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Anja Rotman sagt: „Eine kleine Apotheke rechnet sich einfach nicht.“ Jahrelang stand sie quasi nonstop in der Offizin, machte so gut wie nie Urlaub, Foto: APOTHEKE ADHOC
-
„Es gab viele Tränen hier.“ In fast neun Jahren hatte sie sich eine treue und begeisterte Stammkundschaft aufgebaut. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
In einem leeren Regal hielt am Ende nur noch ein kleiner Deko-Engel Wache. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
„Ich hatte immer von einer netten, kleinen Kiez-Apotheke geträumt“, sagt Rotman. Eine, in der man die Kunden noch kennt, weiß, wer gerade Großmutter geworden ist und wer demnächst ein Baby bekommt. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Auch das kleine Labor wurde geräumt. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Für die Zukunft ist Anja Rotman optimistisch. „Ab 1. Februar arbeite ich als Angestellte in einer Berliner Apotheke.“ 25 Stunden pro Woche. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Ihre Devise: „Man muss immer optimistisch sein! Ich gehe mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Anja Rotman vor einem Foto aus ihren Anfangstagen in der Wieland-Apotheke in Berlin. Foto: APOTHEKE ADHOC
-
Das Ende kam auch hier: Nach 304 Jahren musste Merten Thurmann im vergangenen Jahr seine Einhorn-Apotheke in Lippstadt schließen. Foto: Einhorn-Apotheke
-
Von den Kunden verabschiedete er sich unter anderem via Traueranzeige. Foto: Einhorn-Apotheke
-
„Ich bin im Rentenalter und habe einfach keine Lust mehr auf den Kampf mit den Krankenkassen und auf eine Politik, die uns im Stich lässt“, sagt der 65-Jährige. Die Politik hat das auch schriftlich. Sie schweigt. Foto: Einhorn-Apotheke
-
Dabei wünschte sich der Apotheker nur eines: „Dass die Menschen nachdenken.“ Foto: Einhorn-Apotheke
-
Wenn er von seiner schönen Apotheke berichtet, gerät er ins Schwärmen: „Die Ausstattung ist 180 Jahre alt, das ist ein Highlight in Lippstadt! Wir haben neugotische Schnitzereien aus Rosenholz, es gibt in ganz Deutschland keine gleichwertigen Schnitzereien. Foto: Einhorn-Apotheke
-
Anlässlich des 300. Geburtstages hatte der Apotheker noch eine Festschrift zusammengestellt. Foto: Einhorn-Apotheke
-
Da strahlte dieser Abschluss noch allen Zuversicht aus. Foto: Einhorn-Apotheke
-
Enthalten ist zum Beispiel dieses Zitat, dass auch den Innenraum der Apotheke zierte. Foto: Einhorn-Apotheke
-
Zudem gab es Bilder der alten Präparate, ... Foto: Einhorn-Apotheke
-
... Bilder von alten Gerätschaften wie dieser Rezepturwaage mit Mörser und Pillenbrett, ... Foto: Einhorn-Apotheke
-
... die alte Gründungsurkunde von 1712, ... Foto: Einhorn-Apotheke
-
... die Approbationsurkunde des alten Apothekers von 1817, ... Foto: Einhorn-Apotheke
-
... alte Holzstandgefäße ... Foto: Einhorn-Apotheke
-
... oder auch diese alten Utensilien aus der Rezeptur. Foto: Einhorn-Apotheke
-
Nach 419 Jahren musste auch die schöne Rats-Apotheke in Oldenburg schließen, weil sich kein Nachfolger fand. Foto: Torsten Werner
-
Auch Apotheker Peter Niemeyer suchte monatelang vergeblich einen Filialleiter für seine zweite Apotheke – am 18. Mai musste er seine Löwen-Apotheke im hessischen Frankenau schließen. Foto: Kloster-Apotheke
-
Mit dem Problem des Fachkräftemangels ist er nicht allein – in vielen Regionen suchen Apotheker händeringend nach Personal. Foto: Kloster-Apotheke
Berlin - Die Kunden weinen. „Wie können Sie das machen?“ Heute öffnet die Nord-Apotheke in Gießen zum letzten Mal. Die Menschen verlieren nicht nur ihre Anlaufstelle für Medikamente, sondern auch eine Apothekerin mit Herz: Ingrid Quambusch hätte noch gern ein paar Jahre weitergemacht, aber der Vermieter setzte ihr das Messer auf die Brust.
In den vergangenen Wochen hat sie viele Tränen getrocknet. Und auch so manche geweint. „Unser Standort befindet sich an einem sozialen Brennpunkt der Stadt“, sagt Quambusch. „Für viele Menschen sind wir hier eine Anlaufstelle, wenn sie Probleme aller Art haben.“
Der Metzger, der sich fast den Finger abhackte – erst mal zu Frau Quambusch. Ratlose Menschen, die Hilfe bei Behördengängen brauchen – erst mal in die Nord-Apotheke. Und was genau hat eigentlich der Arzt gemeint? Alles ging so schnell. Die Apothekerin ist geduldig, nahm sich immer gern Zeit, erklärte Laborwerte, wusste, wo man welchen Antrag stellen muss. Und wie genau geht das mit diesem Internet? Älteren Kunden waren die Mitarbeiter der Nord-Apotheke gern behilflich. Auch für Homöopathie war die Nord-Apotheke eine beliebte Anlaufstelle.
Jetzt machen die Pläne des Vermieters ihrem Unternehmen den Garaus. „Mein Mietervertrag läuft aus und die Eigentümerfirma Vonovia will nicht weiter vermieten, sondern verkaufen. Ich habe dankend abgelehnt. In meinem Alter kauft man keine Immobilie mehr“, sagt die 65-Jährige.
Lesen Sie auch
-
Schließung mit 43 „Irgendwann war mir alles zu viel“ »
-
Notstand in Börger Noch keine Apotheke trotz 25.000-Euro-Prämie »
-
Luzern Falken-Apotheke muss wegen Mieterhöhung schließen »
-
Saarland So wenige Apotheken wie vor 40 Jahren »
-
Apothekeninsolvenz Die lange Pleite der Brücken-Apotheke »
-
Apothekenschließung „Der Nachwuchs hat Angst“ »
-
Apothekenzahlen Sinkflug beschleunigt: 327 Apotheken weniger »
Neuere Artikel zum Thema
-
Nachfolgersuche erfolglos Nach Treppensturz: Apotheker muss schließen »
-
Schließung nach 210 Jahren Acht Prozent Mieterhöhung – Apotheker gibt auf »
-
Streit um Ende einer Apotheke Apobank vs. Mega-Apotheke »
-
Schließung nach 39 Jahren „Am Ende hätte ich die Apotheke sogar verschenkt“ »
-
Schuffenhauer Die Abschied-Macher »
-
Ruhestand mit 73 „Die Kollegen wollen auch ihr Auskommen haben“ »
-
Neueröffnung Suche Approbierten, biete Wohnung »
-
Last-Minute-Nachfolger Das Wunder von Remscheid »
-
475 Jahre Hof-Apotheke Coburg Keine Sorgen – und trotzdem Likör »
-
Schließung Apothekenerbe im Abwrackcontainer »
- Schwerte Stromausfall: Apotheke rettet Medikamente im Mitarbeiterkühlschrank »
- Musikvideos „Jerusalema“-Challenge: Warner fordert Lizenzgebühren »
- „Hier sind auch Menschen ohne Maske willkommen!“ Heilbronn: Apotheke wirbt für „Querdenker“ »
Mehr aus Ressort
- Berlin Rezeptfälschung und Betrug: Durchsuchung bei Zollbeamtem »
- Linden-Apotheke Gräfenhainichen Betrugsmasche: Fake-Rechnungen vom Versandapotheker »
- Bundesärztekammer Schnelltests: Ärzte fordern Meldepflicht »
APOTHEKE ADHOC Debatte