Osterzeit in der Pandemie

Von Mundschutz-Hasen & Impfpässen

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Berlin -

Auch die nordrhein-westfälische Stadt Borken steht seit der Corona-Krise in großen Teilen still. Die meisten Geschäfte, Eisdielen und Cafés sind geschlossen. Nicht so das inhabergeführte Café Becher – der Außerhausverkauf geht weiter. Hier hat sich Herr Becher etwas Neues ausgedacht. In seiner Auslage präsentiert er klassisches Hefegebäck in Hasenform. Das Besondere: Dieses Jahr trägt der Osterhase Mundschutz. Im kleinen Ort wurde das Gebäck schnell populär, so kaufte auch Apothekerin Anke Vöcking einige Exemplare für ihr Team. In der Apotheke am Borkener Klinikum ist trotz der Krise der Frühling eingezogen.

Anke Vöcking und ihr Team haben anstrengende Wochen hinter sich, da kommen die Osterfeiertage genau recht. Um während der Krise den aufkommenden Frühling nicht aus den Augen zu verlieren hat die Filialleiterin sich entschieden eine farbenfrohe Osterdekoration in die Offizin zu bringen. Für eine kleine Aufmunterung für die Kollegen hat Vöcking diese Woche ebenfalls gesorgt: Sie kaufte für das gesamte Team Ostergebäck. Dieses Jahr gab es etwas ganz Besonderes: Osterhasen mit Mundschutz. „Ich bin auf die Hasen in der Auslage des Café Bechers aufmerksam geworden und dachte mir, ich tue meinem Team etwas Gutes und bringe ein paar mit zur Arbeit.“ Seit der Corona-Krise hat die Apothekerin bereits des Öfteren kleine Aufmerksamkeiten mitgebracht: Eis, Gebäck oder Mittagessen von Gastronomen vor Ort.

Die Hasen kamen gut an und zauberten den Kollegen ein Lächeln auf die Lippen. Vöcking ist Filialleiterin der Apotheke am Borkener Klinikum und weiß, wieviel ihre Mitarbeiter in den letzten Wochen geleistet haben. Nahezu täglich wurden sie vor neue Herausforderungen gestellt. Zu Beginn, so erinnert sie sich, seien die Kunden sehr unsicher gewesen. Das Kundenaufkommen war enorm. Genau wie in anderen Apotheken auch kam es dazu, dass Patienten sich mit mehreren Packungen ihrer Dauermedikation eindecken wollten. Natürlich seien auch Mundschutz und Desinfektionsmittel stark nachgefragt gewesen. In den ersten Tagen nach der Verkündung hätten die Ausgangsbeschränkungen zu Verwirrungen geführt: „Am Anfang war die Unsicherheit der Kunden groß – viele haben sich mit zahlreichen Medikamenten eingedeckt, auch weil sie befürchteten bald gar nicht mehr raus zu dürfen.“

Das Kundenaufkommen hätte sich geändert, nachdem die Kliniken die Besuchszeiten verkürzt und später ausgesetzt hatten. Die Apotheke liegt direkt neben dem Klinikum am Rande der Innenstadt. Dadurch, dass die Kundschaft, die normalerweise durch den Besucherverkehr entsteht, weitestgehend wegbliebt, sei es aktuell ruhiger geworden. Nach dem ersten Ansturm erleben viele Apotheken gerade eine etwas ruhigere Phase.

Die Offizin der Apotheke am Borkener Klinikum ist sehr geräumig, sodass Vöcking und ihr Team nicht allzu viele Maßnahmen und Änderungen vornehmen mussten. „Wir haben das Glück, dass unsere Offizin sehr groß ist, wir mussten noch keinen Kunden rausschicken. Die HV-Tische stehen alle einzeln, so fällt es dedn Kunden leicht den Sicherheitsabstand einzuhalten.“ Jeder Beratungsplatz ist seitlich bereits mit einem Sichtschutz ausgestattet, so könne die Diskretion erhöht werden. Plexiglasscheiben hat die Filialleiterin dennoch angebracht. Die Kunden haben es ihr gedankt. Zum Teil seien diese so verunsichert gewesen, dass sie ihre Rezepte mit weit ausgestrecktem Arm auf den HV-Tisch haben fliegen lassen. Um dieses Prozedere zu vermeiden entschied das Team sich für Spuckschutz-Wände und ließ eine Konstruktion anfertigen. Diese wurde von einem Mann einer Kollegin umgesetzt, dieser installierte die Wände dann auch in der Offizin.

Die beratende Tätigkeit hätte sich auch ein Stück weit durch Corona geändert. „Ich sehe Aufklärung und Beruhigung als eine aktuelle Hauptaufgabe in der Apotheke“, erzählt Vöcking aus eigener Erfahrung. Für viele Kunden ist es schwer, dass sie ihre Angehörigen aktuell nicht mehr im Klinikum besuchen können. Um den Kunden trotzdem ein wenig Freude und Frühlingsgefühl vermitteln zu können, wurde die diesjährige Dekoration sehr farbenfroh gewählt.

„Unsere Rondells in der Mitte der Apotheke sind aktuell auch österlich geschmückt. Die Deko stammt aus einem Geschäft im Ort,“ damit meint die Apothekerin die großen Porzellanhasen in Signalfarben. Neben den Figuren liegen – ebenfalls in auffälligem Gelb –Impfpässe. „Diese haben wir in die Deko eingebettet, um auf unsere Aktion aufmerksam machen bei der wir den Patienten einen Impfpasscheck anbieten.“ Die Aktion würde gut von den Kunden angenommen werden – die Resonanz ist so positiv, dass Vöcking sich gemeinsam mit ihrem Team dazu entschlossen hat diese Aktion zu einem dauerhaften Angebot umzuwandeln.

Für die Kinder gibt es in diesem Jahr einen Malwettbewerb – Kinder können eine vorgefertigte Schablone ausmalen und zusammen mit einem Stil eine Blume basteln. Diese wird dann auf einem weiteren Rondell in der Apotheke ausgestellt. Die schönste Blume gewinnt – und zwar einen Gutschein für eine lokale Eisdiele. Dieser Gutschein kann aktuell als To-Go-Variante bereits eingelöst werden. So könne man sich nochmal besonders auf den Sommer freuen.

Vöcking betont, wie wichtig lokale Strukturen in Pandemiezeiten sind. Die lokalen Geschäfte vor Ort versorgen alle Bürger mit notwendigen Dingen. Auch wenn ein Restaurantbesuch aktuell nicht möglich ist, so bieten viele Lokale einen Abholservice oder Bringdienst an – auch hier haben die Gastronomen flexibel auf die Situation reagiert. Auch der Service, den jede Apotheke leistet, würde man so nur bei den stationären Apotheken finden: Bestellung im eigenen Onlineshop, per Fax oder per Telefon – all das sei bei den meisten Apotheken möglich. Der Botendienst bringt die Medikamente bis vor die Haustür, viele Stammkunden kennen die Boten und schätzen darüber hinaus auch den sozialen Kontakt. Vöcking lobt derweil das Engagement ihres eigenen Teams und ist sich sicher: Ohne die Vor-Ort-Apotheken würde die Versorgung nicht so problemlos erfolgen können.

Ob Bäcker und Konditor Becher seine Hasen im kommenden Jahr erneut anbieten wird bleibt noch offen. An Weihnachtsmänner mit Mundschutz möchte noch keiner denken. Die Hasen kommen bei den Menschen im Ort so gut an, dass Becher Vorbestellungen entgegengenommen hat. Ein weiteres Highlight in seinem Sortiment: Toilettenpapier-Kuchen. Wie lange dieses Produkt ein Verkaufsschlager bleiben wird steht ebenfalls noch aus.

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