Regelungslücke wie bei Impfpässen

Keine Strafe für gefälschte Testnachweise

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Berlin -

Zu den zahlreichen Pannen der Corona-Pandemie gehört die Tatsache, dass die Fälschung von Impfnachweisen nach bisherige Rechtslage nicht strafbar war. Aber auch für den Handel mit gefälschten Testzertifikaten kann man offenbar nicht belangt werden. Dies entschied jedenfalls das Landgericht (LG) Karlsruhe.

Der Fall ereignete sich im September in einem größeren Unternehmen, das seine Belegschaft regelmäßig testet. Der Geschäftsführer entdeckte auf dem Schreibtisch eines Mitarbeiters ein Stapel mit Blanko-Bescheinigungen über die Durchführung eines Corona-Antigentests – bereits gestempelt und unterzeichnet von eben jenem Angestellten, der allerdings weder befugt war, Tests durchzuführen noch entsprechende Nachweise auszustellen.

Der Firmenchef stellte Strafanzeige, doch noch bevor die Polizei aktiv werden konnte, wurden am Arbeitsplatz des Mitarbeiters erneut Blankoformulare gesichtet. Wegen des Anfangsverdachts der Fälschung von Gesundheitszeugnissen beantragte die Staatsanwaltschaft sofort beim Amtsgericht Pforzheim die Durchsuchung von Arbeitsplatz, Wohnung und Privatfahrzeug.

Noch am selben Tag stellte die Polizei dabei am Schreibtisch ein Blankoformular sicher. Im Auto des Beschuldigten wurden 53 Blankobescheinigungen sowie ein Zertifikat der Johanniter-Unfallhilfe gefunden, das ihn nach einer Teilnahme eines E-Learning-Kurses zur Abnahme von Coronatestungen und zum Ausstellen dieser Bescheinigungen berechtigt. Außerdem wurden 58 ausgefüllte Kopien sowie zwei in einfacher Handarbeit gefertigte Kopievorlagen sichergestellt. Der Beschuldigte war mit der Sicherstellung einverstanden und verzichtete auf die Rückgabe der sichergestellten Unterlagen.

Zwei Tage später beantragte sein Verteidiger, das Verfahren einzustellen und festzustellen, dass die Durchsuchung rechtswidrig gewesen sei, da keinerlei Tatverdacht bestanden habe. Das Amtsgericht lehnte den Antrag ab, doch das Landgericht sah die Sache anders. Einerseits scheide ein Anfangsverdacht wegen Urkundenfälschung nach § 267 Strafgesetzbuch (StGB) aus, weil es sich um ein Zeugnis über den Gesundheitszustand handele. Doch genauso wenig kämen §§ 277, 278 und 279 in Betracht, da sie sich einerseits auf das falsche Ausstellen als Arzt beschränkten und andererseits keine Versuchsstrafbarkeit kennen: Da die persönlichen Daten sowie das Testergebnis noch nicht ausgefüllt waren, handelt es sich laut Gericht „noch nicht um Gesundheitszeugnisse“.

Nach „überwiegender Auffassung in der Rechtswissenschaft“ bestehe eine „umfassende Sperrwirkung“ der Fälschung von Gesundheitszeugnissen gegenüber dem Straftatbestand der Urkundenfälschung – auch wenn dadurch Strafbarkeitslücken entstehen, so das LG mit Verweis auf das bundesweit bekannt gewordene Urteil des LG Osnabrück. „Für die Sperrwirkung ist es unerheblich, ob es im konkreten Fall zu einer Strafbarkeit nach § 277 StGB kommt oder nicht.“

Immerhin hätten die Justizministerinnen und Justizminister der Länder bereits im Juni das Bundesjustizministerin aufgefordert, eine entsprechende Gesetzesreform vorzulegen. Die Ministerpräsidentenkoferenz (MPK) habe im Oktober ebenfalls um eine kurzfristige Prüfung gebeten. „Inzwischen gibt es einen entsprechenden Gesetzentwurf.“

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