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Die Kooperation

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Berlin -

Als Filialapotheken zugelassen werden, ist Apotheker Michael Corleone einer der ersten, der sich erweitert: Schon im Februar 2004 hat er vier Apotheken, seine Frau Kay ebenfalls. Doch er will weiter gehen und gründet eine Organisation: die Clan-Apotheken. Ein Jahr darauf schließt er sich mit den Don Vito-plus Apotheken seines Vaters und den Laura-Apotheken seines Kölner Onkels zusammen, das gemeinsame Motto: La salute è la nostra cosa. Seitdem wächst die Gruppe unaufhaltsam. Wer sich der „Kooperation“ entzieht, bekommt seine Apotheke über Nacht umgebaut, final und barrierefrei.

Die Clan-Apotheken sind nicht nur wie eine große Familie, sie sind eine große Familie. Wer nicht Pharmazie studiert, wird enterbt. Auch nach erlangter Approbation gibt es die vier Apotheken als Mitgift nur unter der Bedingung, dass der Partner ebenfalls Pharmazeut ist. Jedem ist klar: „Clan-Apotheken sind im Kommen.“ Man hilft sich: kauft zusammen ein, räumt zusammen auf, baut zusammen um.

Das können andere auch: Die Kohl-Kooperation Avie hat ein neues Einrichtungskonzept ausgetüftelt: Schallbrecher und kundennahe HV-Tische sorgen für die nötige Diskretion bei der Beratung, notfalls regelt die PTA die Lautstärke von „Speak Softly Love“ etwas hoch. Vor allem wenn es um HPV und Oralsex geht. Und weil alle Geschäfte morgens anders laufen als abends, kann die Sichtwahl umgeklappt werden. Und das Beste: Den Umbau nimmt die Kooperation an einem Wochenende vor.

Edwin Kohleone hat sein Lebenswerk zwar formal schon an seine Söhne überschrieben, an Rente denkt der erfolgreiche Unternehmer aus dem Saarland aber noch lange nicht. Im Gegenteil: Er treibt das Geschäft mit der Kooperation aktiv voran und weiß um die aktuelle Mode: „Eiche brutal hat ausgedient.“ Beim Clan liegt HeidelbergCement voll im Trend.

Andere holen sich ihre Tipps lieber von Bloggern. Und wenn denen viele Leute zuhören, sind die Tipps sogar bares Geld wert. Da vergisst man bloggend schon einmal die eigene Unabhängigkeit und packt die Reisetasche je nach Angebot. Wenn es transparent ist, bleibt immer noch zu klären, ab wann ein Blogger als prominent gilt und nicht mehr für OTC werben darf. Ansonsten gilt auch hier: Die hohe Kunst des Klappehaltens.

Wieder lauter werden will dagegen die Kooperation Linda. Man müsse mutig sein, „sonst macht der Beruf am Ende keinen Spaß mehr“, sagt MVDA-Präsidentin Gabriela Hame-Fischer. Ihr Vize Dr. Holger Wicht hat es sich zum Ziel gesetzt, die Mitgliederzahl zu verdoppeln. Und einen Plan gibt es auch: Mit Pilotprojekten und schlagkräftigen Einheiten Druck machen. Und einen Clan gibt es auch: Politikchef Dominik Klahn. Der Sparstrumpf ist gut gefüllt.

Zu den mächtigeren Clans zählen auch die Elac-Apotheken. Da darf nämlich nicht jeder rein. Ängste und Befürchtungen gibt es aber auch dort: Ein Mitglied warnte die Apotheker vor dem Graumarkt-Effekt. Er kritisiert, dass einzelne Großhändler vermeintlich apothekenexklusive Produkte an Drogerien verkaufen. Zusammenhalt in der Familie!

Nur vor einer Macht kann auch der Clan nicht schützen: dem deutschen Eichamt. Wer seine Waage einen halben Monat zu spät auf ihre Zuverlässigkeit überprüfen lässt, zahlt. So erging es einer Apothekerin aus dem rheinland-pfälzischen Herxheim. Immerhin wurde strafmildernd gewertet, dass sich die Apotheke selbst ans Messer geliefert hatte. Verhandelt wird nicht.

Das geht aber neuerdings anscheinend bei der DAK. Die retaxierte wegen eines fehlenden Arztstempels und ließ sich natürlich nicht erweichen – trotz Beschwerdebrief an den Verwaltungsrat. Der Mitarbeiter der Abrechnungsstelle rief aber zurück und wollte um die Retaxation feilschen. „Die DAK hat Trödelmarkt mit mir gespielt“, empört sich die Apothekerin und will jetzt klagen.

Gehandelt und gestückelt wurde auch vor dem Thüringer Landessozialgericht (LSG). Die Kasse verlangte vom Apotheker, dass er bei Abgabe die wirtschaftlichste Alternative wählt, weil die verordnete Originalpackung grundsätzlich einer bestimmten Stückzahl entspreche. Das Gericht machte das nicht mit. Und das OLG Düsseldorf half einem Apotheker gegen eine abmahnwütige Firma.

Retaxiert werden Apotheker auch, wenn ein Rabattarzneimittel nicht lieferfähig ist, dies aber niemand bestätigen möchte. Die Großhändler können nur auf ihre Kontingente verweisen und die Hersteller – hier Heunet – geben Defektbelege nur ungern heraus, weil ihnen sonst selbst Ärger mit den Kassen droht.

Die Apotheker werden aber auch von ihren eigenen Leuten genau beobachtet: Die Apothekerkammer Niedersachsen will alle Apotheken im Bundesland testen. Denn es gilt die einfache Wahrheit: Nur, wenn die Beratung vor Ort stimmt, können die Standesvertreter oben mit guter Aussicht auf Erfolg mehr Honorar fordern. Aber was wird da plötzlich in Berlin von einem Honorardeckel getuschelt?

Gegen die ärztlichen Kollegen sind die Standesvertreter der Apotheker ohnehin berufspolitische Waisenkinder: Während sich die ABDA jahrelang um den Brandschutz in ihrem Bankhaus sorgte, brennt die Immobilie der KBV schon lichterloh – und dabei haben die Ärzte schon ihren Neubau. Strafanzeige gegen den Ex-Chef, Hausdurchsuchung in der Zentrale, der Pferdekopf im Bett der Hausärzte gehört schon fast zum guten Ton.

Und zum Schluss noch eine Mafia-Geschichte: Um Schwarzgeldgeschäfte zu beschränken, soll der 500-Euro-Schein verschwinden. Das ist eigentlich kein Apothekenthema, hat doch die Regierung bereits dafür gesorgt, dass „der große Lilane“ und Apotheker nur noch selten Bekanntschaft pflegen. Doch jetzt will das Bundesfinanzministerium (BMF) den Schein einziehen. Oder anders ausgedrückt: Wolfgang Schäuble geht gegen Geldkoffer vor. Ohne Worte. Handkuss.

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