Pharmagroßhandel

Streik: Verdi legt Alliance lahm

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Berlin -

Nichts ging mehr, hieß es am gestrigen Mittwoch bei Alliance Healthcare Deutschland (AHD) in Ludwigshafen. Im Rahmen des Tarifstreits im Groß- und Außenhandel in der Pfalz hatte die Gewerkschaft Verdi alle Beschäftigten der Niederlassung zum ganztätigen Streik aufgerufen. Derweil kann Nordrhein-Westfalen den ersten Pilotabschluss für den Groß- und Außenhandel melden.

Die Beschäftigten machten damit den Auftakt im Kampf um eine Reallohnerhöhung in der Branche. Laut Verdi wurden 52 von 133 Mitarbeiter der AHD-Niederlassung als Streikende erfasst. Verhandlungsführer Stefan Prinz zeigt sich zufrieden: „Wir hatten eine sehr hohe Streikbeteiligung. Ich bewundere die streikenden Kolleginnen und Kollegen, die mit ihrer Entschlossenheit gezeigt haben, was sie von der fehlenden Wertschätzung im Geldbeutel, durch die Arbeitgeberseite, halten. Wir brauchen eine Tariferhöhung, die diesen Namen auch verdient. Wir brauchen kein Angebot, welches unterhalb der Inflationsrate liegt.“

Verdi fordert für die rund 40.000 Beschäftigten in der Pfalz eine Gehalts- und Lohnerhöhung von 1 Euro pro Stunde. Die Vergütungen für Auszubildende sollen um 50 Cent pro Stunde steigen. „In der letzten Runde hatte man sich darauf geeinigt, die Vergütungen weniger stark heraufzusetzen, damit dafür die Gehälter der Beschäftigten höher steigen können. Das wollen wir in diesen Verhandlungen angleichen.“

In Nordrhein-Westfalen wurde vorgestern bereits im Groß- und Außenhandel ein Pilotabschluss erzielt. Die Beschäftigten im Großhandel erhalten ab dem 1. August 2,5 Prozent mehr Gehalt, zum 1. Mai 2018 kommen weitere 2 Prozent dazu.

Die Apotheken in anderen Regionen müssen sich dagegen auf ungemütliche Zeiten einstellen. Im Groß- und Außenhandel rollen neue Verhandlungsrunden an, Mitte Mai war in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Bayern verhandelt worden. Zum Treffen in Ludwigsburg hatten die Vertreter der Arbeitgeber in Baden-Württemberg das erste Angebot überhaupt mitgebracht, das von Verdi als „völlig unzureichend“ zurückgewiesen wurde. Die Gewerkschaft drohte daraufhin mit Streiks.

Insgesamt gibt es 15 Tarifbezirke, Niedersachsen und Bremen gehören zusammen. Zum Bereich Groß- und Außenhandel gehören auch die Pharmagroßhändler; bereits in der Vergangenheit gab es immer wieder Streiks. Die Apotheken mussten meist einen halben Tag lang auf ihre Ware warten. Da die Tarifrunden in der Regel kongruent verlaufen, wird mit Spannung erwartet, wo das erste Angebot auf den Tisch kommt und wo sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer zuerst einigen.

In Baden-Württemberg hatte Verdi für die rund 120.000 Beschäftigten im Großhandel ein Plus von 5,6 Prozent bei Löhnen und Gehältern über eine Laufzeit von zwölf Monaten gefordert. Die Vergütung der Auszubildenden soll monatlich um 80 Euro steigen. Die Gewerkschaft begründete das mit der guten wirtschaftlichen Lage im Großhandel.

Der Verband Großhandel BW hatte eine Erhöhung in zwei Schritten von 1,3 Prozent rückwirkend zum 1. April 2017 und in der gleichen Höhe ein Jahr später ins Gespräch gebracht. Der Vertrag solle eine Laufzeit von 24 Monaten haben. Damit liegt das erste öffentliche Angebot deutlich unter der Forderung der Gewerkschaft. „Das ist eine Provokation der Mitarbeiter“, kommentierte Wolfgang Krüger von Verdi. Bei Teuerungsraten von 1,8 Prozent pro Jahr komme der Vorschlag einer Lohnreduktion gleich.

Die Gespräche sollen am 12. Juni in Ettlingen fortgesetzt werden, neben Großhandel BW sitzt auch der genossenschaftliche Arbeitgeberverband mit am Verhandlungstisch. Die Zeit bis dahin will Verdi aber bereits nutzen, um Zeichen zu setzen. „Die Arbeitgeber haben mit ihrem Vorschlag erheblichen Unmut bei den Angestellten ausgelöst und richtig Dampf in den Kessel gebracht“, so Krüger. Wann und wo gestreikt wird, wird im Vorfeld nicht verraten – allerdings ist zu erwarten, dass der Arbeitskampf in diesem Jahr mit größerer Härte geführt wird, womöglich auch in anderen Tarifbezirken.

Auch in Bayern wurde verhandelt; hier ist die Gewerkschaft allerdings bereits weiter, sodass sich die Forderungen nicht mit denen von Verdi in anderen Tarifbezirken vergleichen lassen: Neben fachlichen Anforderungen werden im Freistaat auch andere Aspekte bei der Tarifpolitik berücksichtigt. Die Mitarbeiter werden seit 2014 nach Qualifikation und nicht mehr nach Alter bezahlt. Dies hatte bei den Angestellten im Pharmagroßhandel vor einem Jahr bereits für Ärger gesorgt.

Zuvor war bereits in Sachsen-Anhalt erfolglos verhandelt worden. Hier hatte Verdi die Tarifverträge zum 30. April gekündigt. Zusätzlich zum Lohnplus von 6 Prozent fordert die Gewerkschaft für die rund 17.000 Arbeitnehmer eine Vorweganhebung von 50 Euro für ausgebildete Großhandelskauffrauen und Lagerarbeiter. Die Ausbildungsvergütungen sollen um 80 Euro pro Monat angehoben werden. Auch eine Erhöhung der vermögenswirksamen Sparleistung von 13 auf 26 Euro ist Teil des Forderungspakets. Beide Seiten wollen am 2. Juni in Magdeburg weiterverhandeln.

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