Franzbranntwein stoppt Venenbalsam APOTHEKE ADHOC, 11.11.2019 09:04 Uhr
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Kosmetik oder mehr? Der Abtei Venen Aktiv Balsam ist laut VG Köln als Arzneimittel einzustufen. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Laut Hersteller hat das Produkt einen wohltuenden, erfrischenden und kühlenden Effekt – also eine kosmetische und keine arzneiliche Wirkung. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Enthalten sind Rosskastanie, Arnika, Kamille und Methylsalicylat sowie Menthol und Campher. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Allerdings sind die Dosierungen laut Hersteller so niedrig, dass keine pharmakologische Wirkung zu erwarten sei. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Die Aufsichtsbehörde sah das anders und bat das BfArM um Entscheidung. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Laut BfArM wirken Menthol und Campher nicht nur physikalisch, sondern durch Bindung an spezielle Rezeptoren pharmakologisch. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Dies gelte auch für die vorliegenden geringeren Konzentration, zumal Produkte mit einer vergleichbaren Dosierung als Arzneimittel zugelassen seien. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - Der Abtei Venen aktiv Balsam von Omega soll kühlen, vitalisieren und entlasten sowie für leichte und entspannte Beine sorgen. Doch mit den Wirkstoffen Rosskastanie, Arnika, Kamille und Methylsalicylat sowie Menthol und Campher ist das Produkt laut Behörde als Arzneimittel einzustufen. Das Verwaltungsgericht Köln (VG) sieht dies genauso – auch weil andere Produkte mit denselben Inhaltsstoffen als Arzneimittel zugelassen sind.
Der Streit um das Produkt läuft seit vielen Jahren. Schon 2007 stellte sich GlaxoSmithKline (GSK) als damaliger Eigentümer der Marke Abtei auf den Standpunkt, dass es sich bei der Venencreme um ein Kosmetikum handele, das ausschließlich äußerlich angewendet werde und wohltuenden, erfrischenden und kühlenden Effekt habe – also eine kosmetische und keine arzneiliche Wirkung. Dafür sprächen auch die niedrigen Dosierungen der einzelnen Bestandteile. Die Bezirksregierung Detmold als damals zuständige Aufsichtsbehörde sah das anders und bat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) 2009 um eine Entscheidung.
Sieben Jahre später kam der Bescheid aus Bonn. Die Anwendung gehe über die bloß pflegende Wirkung hinaus. Die Inhaltsstoffe Menthol und Campher wirkten nicht nur physikalisch, sondern durch Bindung an spezielle Rezeptoren pharmakologisch. Dies gelte auch für die vorliegende geringere Konzentration, zumal Produkte mit einer vergleichbaren Dosierung als Arzneimittel zugelassen seien. Bei den anderen Inhaltsstoffen sei dagegen aufgrund geringer Mengen nicht von einer pharmakologischen Wirkung auszugehen.
Das VG teilte diese Einschätzung: Zwar sei der Begriff der „pharmakologischen Wirkung“ weder im Arzneimittelgesetz, noch in den EU-Richtlinien definiert. Selbst in der Wissenschaft sei er nicht klar abgegrenzt. Allerdings habe der Europäische Gerichtshof (EuGH) unter Bezug auf die sogenannte „Borderline-Guideline“ der EU-Kommission entschieden, dass eine Wechselwirkung zwischen den Molekülen des betreffenden Stoffs und einem Rezeptor ausschlaggebend für die Einstufung ist, die entweder zu einer direkten Wirkung führt oder die Reaktion auf einen anderen Liganden blockiert. Eine Dosis-Wirkungs-Korrelation ist dabei nicht zwingend erforderlich, genauso wie eine Wechselwirkungen mit menschlichen Körperzellen. Erfasst ist auch die Wirkung auf andere im menschlichen Körper befindliche Zellen, etwa von Bakterien, Viren oder Parasiten.
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