ProSiebenSat.1

Fette, arme Klientel: Ebeling muss gehen

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Berlin -

Der langjährige ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling verlässt im Februar 2018 vorzeitig den Medienkonzern. Der 58-Jährige, der früher für Novartis gearbeitet hatte, hatte zuletzt mit abschätzigen Bemerkungen über die Zuschauer der eigenen Sender Kritik auf sich gezogen. „Es gibt Menschen, ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm, die immer noch gerne auf dem Sofa sitzen, sich zurücklehnen und gerne unterhalten werden wollen. Das ist eine Kernzielgruppe, die sich nicht ändert“, sagte er kürzlich vor Aktienanalysten.

Später erklärte er dazu, es habe sich um eine „plakative Zuspitzung“ gehandelt. Keinesfalls habe er die eigenen TV-Zuschauer diskreditieren wollen. Darauf haben sich Ebeling und der Aufsichtsrat am Sonntag einvernehmlich verständigt. Ebeling steht seit Anfang 2009 an der Spitze des Konzerns und hatte noch einen Vertrag bis Mitte 2019.

Ebeling hatte nach Konzernangaben bereits bei seiner letzten Vertragsverlängerung mitgeteilt, dass er für eine weitere Verlängerung nicht mehr zur Verfügung stehe. Vor diesem Hintergrund habe der Aufsichtsrat „vor einiger Zeit“ die Suche nach einem Nachfolger begonnen und werde diesen „zu gegebener Zeit“ benennen. Conrad Albert, seit 2005 im Unternehmen, derzeit Vorstand External Affairs & Industry Relations, wurde mit sofortiger Wirkung zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden ernannt.

Aufsichtsratschef Werner Brandt dankte Ebeling „für seine hervorragende Arbeit“ und würdigte ihn als „eine der herausragenden Unternehmerpersönlichkeiten der Medienindustrie“. Ebeling selbst erklärte, er wünsche dem Unternehmen, dem Management-Team und „seinen leidenschaftlichen wie engagierten Mitarbeitern“ alles Gute und weiterhin viel Erfolg.

Ebeling war im März 2009 zum Medienkonzern gekommen, zuvor war er bei Novartis für den Geschäftsbereich Consumer Health (OTC-Produkte) verantwortlich. ProSiebenSat.1 hatte unter seiner Führung begonnen, über die Beteiligungssparte Seven Ventures in Unternehmen und Produkte zu investieren: Yokebe – ein Produkt seines ehemaligen Novartis-Schützlings Dr. Clemens Fischer – und Dr. Slym waren Beispiele aus dem Arzneimittelbereich.

Um den Konzern vom Werbegeschäft noch unabhängiger machen, wollte Ebeling, der von Hause aus Psychologe ist, auch eigene Gesundheitsprodukte in den Einzelhandel bringen, die er auf seinen Sendern bewerben sollte. Im Sommer 2016 übernahm der Konzern über die Tochterfirma 7Life die Mehrheit am Hersteller Windstar Medical. Die Gruppe zählt zu einem der führenden Anbieter von Gesundheitsprodukten außerhalb der Apotheke. Im Mass Market bietet das Unternehmen Marken wie Well & Slim, Greendoc, Vitalia und S-O-S an. Über den Online-Shop Goodvita werden die Produkte direkt verkauft.

Nachdem ProSiebenSat.1 bislang stark auf digitalen Handel gesetzt habe, sei der direkte Handel mit eigenen Produkten nun der nächste Schritt, hieß es später. Im Fokus stehen Synergien durch Entwicklung, Vermarktung und Vertrieb von maßgeschneiderten Produkten auf konzerneigenen Reiseportalen wie weg.de oder Online-Sportprogrammen wie „Mach Dich Leicht“, auf denen gezielt Werbung für die Produkte der Windstar-Gruppe ausgespielt werden sollte. Der Medienkonzern hält auch Minderheitsbeteiligungen an den Gesundheits- und Ernährungsportalen Kiweno und Vitafy sowie dem Parfümerie-Portal Flaconi. Aus dem Lieferdienst Dedendo hatte sich ProSiebenSat.1 rechtzeitig verabschiedet. Auch die Beteiligung an Apomio wurde wieder verkauft.

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