Apothekenkosmetik

Frei Öl: Ein Geschenk als Bumerang

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Berlin -

Mit seiner Jubiläumsaktion für Frei Öl hat der Kosmetikhersteller Walter Bouhon in dieser Woche einen regelrechten Shitstorm erlebt. Zu Hunderten liefen die Apotheker Sturm gegen die „Zwangsbeglückung“ mit einem HV-Display. Experten wundern sich, wie es überhaupt so weit kommen konnte.

Anfang September hatte Bouhon an 12.000 Apotheken ein limitiertes Pflegeöl geschickt. Dem Päckchen war neben Flasche und Umkarton – alles im Farbton „Rosengold“ gehalten – ein Anschreiben der Geschäftsführer Nico und Wilhelm Bouhon sowie Thomas Bauer beigelegt. Darin war von gemeinsamen Werten und der großen Beliebtheit des Klassikers die Rede.

Dann war an der Rückseite des Deckels noch eine Karte eingesteckt, die es in sich hatte: Hier war von einem tollen Gewinnspiel, einer starken Mediakampagne und einer attraktiven POS-Aktion die Rede. Kurzum: Angekündigt wurde die Lieferung eines HV-Displays mit acht Flaschen, 22 Prozent Barrabatt und 90 Tagen Valuta. Wer nicht „von unserer Jubiläumsaktion profitieren“ wollte, wurde im Kleingedruckten aufgefordert, bis zum 16. September zu widersprechen.

Ein Sturm der Entrüstung brach am Montag über Bouhon herein. Viele Apotheker hatten die Karte übersehen und machten nun ihrem Ärger Luft. Von „Zwangsbeglückung“ und „Drückerkolonne“ war im Forum von APOTHEKE ADHOC und auf Facebook die Rede. Zahlreiche Apotheker stornierten die unbestellte Lieferung, einige kündigten sogar die Auslistung des gesamten Frei-Sortiments an. Der Kundenservice von Bouhon war den Schilderungen zufolge vollkommen überlastet, die Hotline zeitweise nicht zu erreichen.

Dass es so weit kommen konnte, hat sich die Firma laut Rechtsanwältin Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale selbst zuzuschreiben. Denn allzu offensichtlich sei, dass ein als Geschenk getarnter Bestellauftrag den Tatbestand der Irreführung erfülle.

Die Zusendung sei außerdem eine unzumutbare Belästigung nach Paragraph 7 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG): Eine postalische Werbesendung sei im Grundsatz nicht zu beanstanden, niemand dürfe aber zu Handlungen gezwungen werden, etwa um einen Auftrag abzuwenden. Insoweit suggeriert werde, ohne rechtzeitigen Widerspruch komme ein Kaufvertrag zustande, sie dies ebenfalls irreführend.

Ihrer Meinung nach können Apotheker Ware, die sie nicht bestellt haben, einfach liegen lassen. Das gelte genauso für Erstbevorratungsaktionen anderer Firmen – außer wenn sie in Kooperationsverträgen als „vorweggenommene Zustimmung“ vereinbart wurden. Ärgerlich sei die Sache trotzdem jedes Mal, da man nie wisse, ob der Lieferant die Ware wieder abhole und ob er nicht trotzdem den Rechtsweg einschlage.

Das ist zumindest im Fall von Frei Öl nicht zu erwarten: Als sich abzeichnete, wie groß der Sturm der Entrüstung werden würde, ruderte der Hersteller zurück: Wer das Kleingedruckte übersehe, müsse sich keine Sorgen machen, gab eine Bouhon-Sprecherin schon am Montag zu Protokoll. Selbstverständlich hole man das HV-Display wieder ab, sollte es ungewollt geliefert worden sein.

In Nürnberg ist man versucht, sich keine Unsicherheit anmerken zu lassen. Ja, es habe auch emotionale Reaktionen gegeben, insgesamt sei die Aktion aber „extrem gut“ angekommen. Man habe neue Apotheken gewonnen und mehr Bestellungen als üblich registriert. Wie viele Apotheken bis heute widersprochen haben und wie viele HV-Aufsteller ausgeliefert werden, will man in der kommenden Woche verraten.

Die Marke Frei hat in den Apotheken in den vergangenen zehn Jahren an Bedeutung verloren, die Modernisierung bislang trotz deutlicher Anstrengungen nicht gelungen. Die Umsätze haben sich in den vergangenen Jahren mehr als halbiert auf zuletzt 10 Millionen Euro. Seit 2011 schreibt Bouhon rote Zahlen.

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