Preisbindung beim BGH

7. Mai: Showdown zu DocMorris-Boni

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Berlin -

Noch bevor der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil zur Werbung von DocMorris mit Rx-Boni gefällt hat, bekommt der Bundesgerichtshof (BGH) die Chance, sich noch einmal grundsätzlich mit dem Thema zu befassen. In dem Verfahren, das der Bayerische Apothekerverband (BAV) angestrengt hatte, könnten die Karten neu gemischt werden. Termin ist im Mai.

Im Oktober 2016 hatte der EuGH die Preisbindung für ausländische Versender gekippt und damit die Rx-Boni von DocMorris & Co. für zulässig erklärt. Der Fall hatte damals nicht nur wegen seiner weitreichenden Folgen für Schlagzeilen gesorgt, sondern auch wegen seiner ominösen Historie: Das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG) hatte das Verfahren nach Luxemburg geschickt, ohne zuvor dem BGH die Chance zur Klärung zu geben.

Der EuGH hatte sein Urteil denkbar knapp ausfallen lassen – es fehle schlichtweg die Darlegung, dass die Preisbindung im Sinne der flächendeckenden Versorgung zu rechtfertigen sei. Offenbar hatte die Bundesrepublik sich im Verfahren keine allzu große Mühe gemacht.

Wiederholt hatte der BGH in der Folge durchblicken lassen, dass ein neuer Fall womöglich ganz anders bewertet werden könnte. Genau diesen Anlass bietet das akutelle Verfahren, das vom OLG München kommt und im Mai verhandelt werden soll.

Vergessenes Verfahren

Dabei geht es um ein mehr als zwölf Jahre altes Rabattmodell der ehemaligen DocMorris-Tochter Wellsana, die es seit zehn Jahren ebenfalls schon nicht mehr gibt. Jahrelang war der Streit vergessen und schien nur noch historischen Charakter zu haben. Doch ausgerechnet dieses scheinbar unauffällige Verfahren bietet nun die Chance, die Entscheidung des EuGH zu revidieren. Auf 64 Seiten hatte das OLG akribisch zusammengetragen, warum die Rx-Preisbindung dem Schutz der Gesundheit dient und nicht gegen Europarecht verstößt. Auch die aktuellen Entwicklungen wurden berücksichtigt, sodass nun ein klarer Leitfaden für die weitere Aufarbeitung des komplexen Themas vorliegt.

Laut BGH hatte Wellsana in den Jahren 2012 und 2013 verschreibungspflichtige Medikamente „reimportiert“, die zuvor „von deutschen Pharmagroßhändlern“ geliefert worden waren. Geworben wurde mit einem Bonus in Höhe von 3 Euro pro Medikament beziehungsweise maximal 9 Euro pro Rezept, der direkt mit dem Rechnungsbetrag verrechnet werden konnte. Parallel wurde eine Prämie von bis zu 9 Euro für die schriftliche oder telefonische Teilnahme an einem Arzneimittelcheck ausgelobt.

Der BAV war dagegen vorgegangen und hatte zunächst vor dem LG München Recht bekommen. Nach langer Pause kam auch das OLG zu dem Schluss, dass dem BAV wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche wegen des Verstoßes gegen die Preisbindung zustünden.

Die Boni stellten sich aus Sicht der angesprochenen Kunden als unmittelbarer Preisnachlass auf den eigentlichen Apothekenabgabepreis dar und verstießen gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Weder mit der alten Vorschrift nach § 78 Arzneimittelgesetz (AMG) in Verbindung mit der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) noch gegen die neue Regelung in § 129 Sozialgesetzbuch (SGB V) seien die Boni in Einklang zu bringen.

Zweifel wurden ausgeräumt

Diese Regelungen seien nicht wegen Verstoßes gegen die Warenverkehrsfreiheit unionsrechtswidrig – auch wenn der EuGH dies anders gesehen habe. Dieses Urteil entfalte im Streitfall jedoch keine Bindungswirkung, weil die seinerzeit bestandenen Zweifel an der Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Regelung nach dem Vortrag der Parteien im hiesigen Verfahren und einer von der Bundesregierung eingeholten Auskunft sowie mit Blick auf die dem Gesetzgeber im Bereich der Gesundheitspolitik zustehende weite Einschätzungsprärogative ausgeräumt worden seien.

Damit liefert das OLG ein Steilvorlage; noch ist aber unklar, ob der BGH sie nutzen wird. Zuletzt hatten die Richter im Streit zwischen DocMorris und der Apothekerkammer Nordrhein (AKNR) dem EuGH nur die Frage gestellt, ob das Ausloben von Rabatten und Gutscheinen oder Prämien als Rx-Arzneimittelwerbung einzustufen ist. Dagegen hatten die Richter in Karlsruhe keinen Anlass gesehen, noch einmal über die Rx-Preisbindung zu sprechen: Was ausländische Versender angehe, sei der Festpreis durch das EuGH-Urteil ein für allemal für unzulässig erklärt worden.

Bleibt zu hoffen, dass am 7. Mai die womöglich letzte Chance doch noch genutzt wird, eine der Grundfesten in der deutschen Arzneimittelversorgung ein für alle Mal zu verteidigen.

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