Apothekerkammer zeigt sich erfreut

Österreich: Hausarzt wird Gesundheitsminister

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Berlin -

Österreich hat einen neuen Gesundheitsminister. Nur zwei Stunden nach dem Rücktritt des bisherigen Amtsinhabers Rudolf Anschober verkündete Vizekanzler Werner Kogler am Dienstag dessen Nachfolger: Mit Ärztekammer-Funktionär Wolfgang Mückstein (alle drei Grüne) übernehme „ein Mann der Praxis“ das Amt. Und das stimmt wörtlich: Mückstein führt eine Hausarztpraxis in Wien.

Das Amt des Gesundheitsministers ist in der Corona-Pandemie eine „Herkulesaufgabe“, hatte Kogler am Dienstag erklärt und damit nicht zuletzt auch Verständnis für Anschober signalisiert: Der hatte am Dienstag seinen Rücktritt erklärt und das mit der enormen Belastung begründet, die das Amt mit sich bringe. Er sprach von einer „Überlastungssituation“, die seine Gesundheit schwer in Mitleidenschaft gezogen habe. „Ich bin überarbeitet und ausgepowert“, so der 60-Jährige. In Absprache mit seinen Ärzten habe er sich deshalb entschieden, das Amt niederzulegen.

„In der schwersten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten braucht die Republik einen Gesundheitsminister, der zu 100 Prozent fit ist“, zitiert „Der Standard“ Anschober. „Das bin ich nicht und werde ich nicht, wenn ich nicht die Notbremse ziehe.“ Er sei in seiner Funktion als Minister für die Gesundheit der Bevölkerung zuständig, aber eben auch für seine eigene. „Ich will mich auch nicht kaputt machen“, sagt er.

Kurz danach stand bereits fest, wer Anschober folgt: Der Ärztefunktionär Mückstein. Der 46-Jährige leitet ein Primärversorgungszentrum im sechsten Wiener Bezirk und sitzt im Vorstand der „Grünen Ärztinnen und Ärzte“ innerhalb der Ärztekammer. Außerdem ist er Mandatar in der Sektion Allgemeinmedizin der Ärztekammer Wien und ist dort als Referent für Gruppenpraxen und neue Organisationsformen tätig. Eines seiner Steckenpferde war bisher das sogenannte „Wiener Modell“, also die Bündelung verschiedener Fachrichtungen in sogenannten Primärversorgungszentren. Er tritt seit langem dafür ein, nichtärztliche Gesundheitsberufe aufzuwerten. Neben seinem Medizinstudium an der Universität Wien hat Mückstein auch einen Bachelorsabschluss in Traditioneller Chinesischer Medizin.

Bei der Apothekerschaft scheint der neue Gesundheitsminister mit seiner Vita gut gelitten zu sein. „Mit Dr. Mückstein zieht ein praxiserfahrener, fachlich kompetenter Allgemeinmediziner in die Bundesregierung ein“, lobt ihn Apothekerkammerpräsidentin Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr. „Angesichts der Corona-Pandemie und der anderen großen Herausforderungen im Gesundheitsbereich kommt einer weiterhin engen Kooperation zwischen Apothekerkammer und Gesundheitsministerium besondere Wichtigkeit zu.“

Auch ihr Vize Raimund Podroschko verbindet mit ihm hohe Erwartungen für den eigenen Berufsstand: „Dr. Mückstein ist ein Kenner unseres Gesundheitssystems, er hat auch dem aktuellen Regierungsprogramm seinen Stempel aufgedrückt. Ich begrüße seine Absicht, die nicht-ärztlichen Gesundheitsberufe weiter aufzuwerten.“ Mückstein hatte 2018 bereits für die Grünen an den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag teilgenommen. Im vergangenen Herbst war er maßgeblich an der Ausarbeitung der österreichischen Teststrategie beteiligt und soll auch eine Rolle bei der österreichischen Impfstrategie gespielt haben.

Die Anfrage, das Amt von Anschober zu übernehmen, sei eine schwere Entscheidung gewesen, erklärte Mückstein am Dienstag, „aber ich möchte mithelfen, dass wir alle miteinander so gut wie möglich durch diese Pandemie kommen und die Krise bewältigen“. Anschober wiederum wolle die Zeit nun nutzen, um gesund zu werden. Was danach komme, wisse er noch nicht, aber er erwäge, seine 18 Jahre Regierungserfahrung auf Bundes- und Landesebene für ein eigenes Projekt zu nutzen: „Irgendwann möchte ich meinen Traum verwirklichen und meinen ersten politischen Roman schreiben.“

 

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