Substitutionsausschluss

Nullretax wegen Aut-idem-Liste

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Berlin -

Acht Wirkstoffe dürfen seit Mittwoch in der Apotheke nicht mehr ausgetauscht werden – die Aut-idem-Liste des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist in Kraft getreten. Die Liste sollten Apotheker am besten im Kopf haben, oder sich ausgedruckt auf den HV-Tisch legen. Denn in der Software werden erst ab Januar keine Vorschläge zur Substitution mehr angezeigt. Je nach Kasse drohen Retaxationen – auf Null.

Die Aut-idem-Liste umfasst aktuell die Wirkstoffe Phenytoin und Ciclosporin (Lösung und Weichkapseln), Betaacetyldigoxin, Digitoxin und Digoxin, Tacrolimus, Levothyroxin-Natrium (Tabletten), sowie Levothyroxin Natrium und Kaliumiodid (fixe Kombination/Tabletten). Der G-BA prüft derzeit eine zweite Tranche, bei der eine Substitution kritisch ist.

Das Substitutionsverbot gilt absolut – auch bei Rabattverträgen. Das könnte zur Folge haben, dass die Kassen Apotheker retaxieren, die sich an den Rabattvertrag gehalten haben. Denn der Rabattpartner darf nicht abgegeben werden, wenn ein anderes Arzneimittel namentlich verordnet ist.

Die KKH erklärte dazu auf Nachfrage: „Die Substitutionsausschlussliste ist mit der Bekanntmachung im Bundesanzeiger in Kraft getreten. Die Apotheken sind somit verpflichtet, die dort getroffenen Regelungen umzusetzen. Derzeit sind der KKH keinerlei Übergangsregelungen bekannt, die ein Abweichen von der Substitutionsausschlussliste vorsehen.“ Apotheken müssen also mit Retaxationen rechnen, wenn sie ein Arzneimittel von der Aut-idem-Liste austauschen.

Die KKH steht mit dieser Position nicht alleine. Allerdings gibt es im Kassenlager keine einhellige Meinung. Bei der DAK Gesundheit heißt es, die Meinungsbildung zum Umgang mit der Substitutionsausschlussliste sei noch nicht abgeschlossen und werde auch in den Gremien des GKV-Spitzenverbandes noch diskutiert. „Wir gehen davon aus, dass die Berücksichtigung von acht Wirkstoffen, die zur Zeit auf der Substitutionsliste stehen, auch ohne EDV-Unterstützung umgesetzt werden können“, so ein Sprecher der Kasse.

Absetzungen haben die Apotheker bei der DAK aber nicht zu fürchten: „Sofern unsere Rabattverträge bedient werden, wird die DAK-Gesundheit nicht retaxieren“, teilte ein Sprecher mit. Auch im AOK-Lager und bei anderen Ersatzkassen gibt es diese Position.

Der G-BA hätte die Einführung der Aut-idem-Liste für alle Beteiligten entspannter gestalten können: Dazu hätte er nur einen konkreten Zeitpunkt zum Inkrafttreten festlegen müssen – etwa den 1. Januar 2015.

Der Deutsche Apothekerverband (DAV) hatte den G-BA sogar auf die üblichen Fristen bei Änderungen in der Software hingewiesen. Die ABDATA konnte sich zwar nach dem Beschluss des G-BA im September schon vorbereiten, die konkrete Umsetzung benötigt aber dennoch Zeit: Die Daten müssen eingepflegt und an die Softwarehäuser übermittelt werden. Erst dann fließen sie in die Apotheken-EDV, jeweils zum 1. und 15. eines Monats.

Der G-BA hat jedoch kein Datum gesetzt. Der Beschluss wurde nach Prüfung durch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) an den Bundesanzeiger weitergeleitet und trat – in Ermangelung anderer Angaben – einen Tag nach Veröffentlichung in Kraft.

Für die Apotheker hat das zur Folge, dass sie bis zum Jahresende besonders aufpassen müssen. Der DAV will den G-BA erneut auf die Besonderheiten bei der Software hinweisen. Denn die Aut-idem-Liste soll erweitert werden und auch in anderen Fälle könnte eine sofortige Umsetzung von G-BA-Beschlüssen Schwierigkeiten bereiten.

Unabhängig davon wird die Liste vor allem in Apotheken mehr Arbeit auslösen: Wirkstoffverordnungen gelten ab sofort als unklar. Der Patient muss in die Praxis zurückgeschickt werden. Das dürfte vor allem bei Medizinern für Freude sorgen, denen jahrelang eingetrichtert wurde, keine Handelsnamen zu verordnen.

Dasselbe Problem besteht bei nicht lieferfähigen Arzneimittel. Ein Austausch ohne Rücksprache mit dem Arzt ist nicht möglich. Dies könnte vor allem bei den chronischen Lieferdefekten von L-Thyroxin zum Thema werden. Eine neue Verordnung ist auch vonnöten, wenn der Apotheker pharmazeutische Bedenken hat. Denn diese darf er bei Arzneimitteln auf der Aut-idem-Liste nicht mehr geltend machen.

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