Rezeptformulare

Arztstempel: Beschwerdebrief an Gröhe

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Berlin -

Praxis-Telefonnummer da? Vorname des Arztes ausgeschrieben? Seit einer Woche müssen Apotheker bei der Rezeptkontrolle viele unvollständige Rezepte aussortieren. Auch bei den Ärzten regt sich Unmut über die neuen Vorgaben. Ein Mediziner aus Kleve hat sich an Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gewandt und kritisiert die unnötige Bürokratie. Mit seinem Schreiben spricht er vielen Apothekern aus der Seele.

„Seit Jahren beziehungsweise Jahrzehnten sind unsere Arztstempel vollkommen in Ordnung und erfüllen ihren Zweck“, schreibt der Allgemeinmediziner an Gröhe. Plötzlich habe dies nicht mehr gereicht und alle Ärzte hätten ihren Praxisstempel um die Telefonnummer ergänzen müssen.

In seiner E-Mail an das Bundesgesundheitsministerium (BMG) spricht er auch für andere betroffene Ärzte und Apotheker aus der Region. Bei vielen herrsche „sowohl Unverständnis als auch Empörung“ über den Sachverhalt. Mittels Smartphone, Computer oder anderer Medien sei es heute so einfach wie nie, die Telefonnummer – falls benötigt – innerhalb von Sekunden zu recherchieren. Daher „war für uns alle nicht nachvollziehbar, warum diese Angabe auf einmal nötig wurde“.

Rezepte für Medizinprodukte müssen bereits seit Ende Juli 2014 eine Telefon- oder Faxnummer und eine E-Mail-Adresse enthalten. Fax und E-Mail wurden mit der Änderung der Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) Ende des vergangenen Jahres wieder gestrichen. Hinzu kam damit allerdings die Vorgabe, dass auch Rezepte über Arzneimittel eine Rufnummer und den Vornamen des Arztes enthalten müssen.

Warum der ausgeschriebene Vorname auf einmal erforderlich sein soll, ist für den Arzt nicht nachvollziehbar. Der Verordner sei durch die neunstellige individuelle Arztnummer und die sieben- bis neunstellige Betriebsstättennummer eindeutig identifizierbar.

Auch das Hin und Her ärgert ihn. „Drei Monate später muss dann auch noch der Vorname im Stempel ausgeschrieben werden.“ Die Konsequenz: „Wieder alle Stempel weg – neue her.“ Darüber hinaus entstehe organisatorischer Aufwand. „Außerdem wird der Stempel bei Gemeinschaftspraxen so groß, dass für die wichtigen Informationen kaum noch Platz ist.“

„Tausende von Ärzten mussten anlässlich jeder Änderung sämtliche Praxisstempel entsorgen und neue anschaffen“, so der Mediziner. Er rechnet vor: Fünf Stempel à zehn Euro brächten eine „unnötige Belastung von 50 Euro“. Bei rund 120.000 niedergelassenen Ärzten seien das sechs Millionen Euro. Und: „Dies zweimal in drei Monaten.“ Auch fertig bedruckte Rezepte müssten entsorgt und neu angeschafft werden.

Für die niedergelassenen Ärzten bedeutet dies aus seiner Sicht: „teurer, nicht nachvollziehbarer bürokratischer Aktionismus“. Den Ärzten werde abverlangt, notwendig, ausreichend und wirtschaftlich zu handeln. „Dies lässt sich bei den Handlungsweisen aus Ihrem Haus nicht erkennen“, wirft der Arzt Gröhe vor.

Und auch für die Apotheker schlägt er eine Bresche: „Für die Apotheker bedeutet dies ebenfalls eine hohe Belastung, da sie die Rezepte peinlich kontrollieren müssen. Schließlich werden sie für kleinste Formfehler haftbar gemacht und müssen jeweils die Kosten der Medikamente ihrer Kunden bezahlen (ein, wie ich finde, unhaltbarer Zustand!).“

Sein Schreiben möchte der Mediziner als konstruktive Kritik verstanden wissen, namentlich will er daher nicht in die Öffentlichkeit treten. Für eine Verbesserung ähnlicher Prozesse in der Zukunft wären aus seiner Sicht alle Betroffenen dankbar. „Noch sehr viel dankbarer wären wir natürlich für Bürokratie-Abbau und für die immer weiter zunehmende Vorschriften-Zunahme, besonders wenn diese nicht erklärt werden und nicht nachvollziehbar sind.“

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