„Fahren sie doch mal ins Saarland“

Entlassrezept: Feiertag als letzter Ausweg?

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Berlin -

Entlassrezepte führen derzeit häufig zu Stolperfallen, denn Apotheken müssen immer mehr Formalien im Blick haben. Ein K.-o.-Kriterium ist dabei auch die Gültigkeit. In der Glantal-Apotheke in Offenbach-Hundheim legte ein Kunde der PTA ein Entlassrezept vor, das bereits einen Tag abgelaufen war. Die einzige Lösung: Im etwa 25 km entfernten Saarland hätte es aufgrund eines Feiertages noch beliefert werden können.

Das Entlassrezept soll die Versorgung mit Arzneimitteln zwischen Entlassung aus dem stationären Aufenthalt und der eventuell notwendigen weiteren Versorgung durch den Hausarzt sicherstellen. Gültig ist solch eine Verordnung allerdings nur drei Werktage inklusive dem Ausstellungsdatum. Werktage sind alle Tage von Montag bis einschließlich Samstag. Sonn- und Feiertage werden für die Gültigkeitsdauer nicht eingerechnet.

Die kurze Gültigkeit wurde der Patientin von Inhaberin Sabine Scherer zum Verhängnis: „Der Ehemann der Kundin wollte das Rezept einlösen, welches an einem Samstag ausgestellt war. Die Patientin war nicht zum ersten Mal in der stationären Versorgung und hatte noch Tabletten aus der vorherigen Behandlung daheim. Allerdings hatte niemand in der Klinik den Ehemann aufgeklärt über die kurze Gültigkeit eines Entlassrezeptes, deswegen wollte er erst am Mittwoch das Medikament abholen“, so Scherer.

Irrsinn der Gültigkeit

Die PTA musste dem Partner der schwerkranken Patientin erklären, dass sie dieses Rezept so nicht beliefern dürfe: „Der Irrsinn daran war, dass der Partner der Patientin etwa 25 km ins benachbarte Saarland hätte fahren können, um das Entlassrezept noch einzulösen. Dieses Bundesland hatte am Dienstag einen Feiertag – und somit wäre das Rezept im Gegensatz zu Rheinland-Pfalz noch gültig gewesen“, so die Apothekerin.

Doch damit nicht genug: „Da ein Entlassrezept nur mit der kleinsten Normgröße beliefert werden darf, wäre die Patientin nicht lange versorgt gewesen. Deswegen haben wir zusammen überlegt, dass es günstiger wäre, in der Uniklinik ein reguläres Muster-16-Format zu bekommen, um ausreichend Tabletten zu haben“, so Scherer.

Wieder falsch ausgestellt

Daraufhin setzte sich der Kunde ins Auto und besorgte in der Uniklinik ein neues Rezept. Zurück in der Apotheke musste Scherer feststellen, dass es sich zwar nun um ein Kassenrezept handelte, aber mit allen Daten eines Entlassrezeptes ausgestellt war: „Alle Ziffern entsprachen dem eines Entlassrezeptes und obendrauf waren nun die Tabletten anstatt in einer gängigen Norngröße 3 als Stückelung mit 3 mal 10 Tabletten aufgeschrieben. Das entsprach dreimal der N1 und das konnte ich so natürlich auch nicht abrechnen.“

Ein weiterer Anruf in der Uniklinik war nötig: „Ich habe erklärt, welche Verordnung es sein muss, inklusive PZN. Das Problem taucht immer wieder auf. Die Kliniken haben eine andere Software und verordnen die Medikamente sozusagen frei Hand. Da wird mitunter mit den PZN jongliert und stimmt dann hinten und vorne nicht“, so die Apothekerin. Im Endeffekt konnte die Patientin dann aber doch mit dem dringenden Medikament versorgt werden. „Die Dame ist schwerkrank, es handelt sich demnach um ein Medikament im mittleren vierstelligen Bereich. Da brauchen wir Apotheken abrechnungskonforme und retaxsichere Verordnungen“, so Scherer.

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