Honorar kann nicht alle Apotheken retten Lothar Klein, 24.01.2018 10:31 Uhr
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Keine Existenzsicherung: „Bei Niederlassungsfreiheit kann die AMPreisV nicht die Aufgabe haben, alle Apotheken so zu erhalten, dass die unwirtschaftlichste Apotheke noch tragfähig und gewinnbringend sein muss“, sagt 2hm-Gutachterin Iris an der Heiden. Foto: 2hm
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In der Mainzer 2hm-Zentrale wurde das Honorargutachten erarbeitet. Foto: 2hm
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451.664,50 Euro inkl. Mehrwertsteuer muss das Bundeswirtschaftsministerium für das Honorargutachten berappen. Foto: Elke Hinkelbein
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2hm hat seine überarbeitete Fassung des Honorargutachtens veröffentlicht. Foto: APOTHEKE ADHOC
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Die Honorargutachter des BMWi schlagen vor, den Zuschlag der Apotheken von 8,35 auf 5,84 Euro drastisch abzusenken.
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Die prozentuale Marge soll von 3 auf 5 Prozent angehoben, aber gedeckelt werden.
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Der Notdienstzuschlag soll von 16 auf 33 Cent pro Packung steigen.
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Drastisch gekürzt werden auch die Stoffzuschläge für Rezepturen.
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Dagegen soll der Arbeitspreis für die Rezepturherstellung deutlich steigen.
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Auch für das Abfüllen soll ein fester Aufschlag eingeführt werden.
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Die Zuschläge für parenterale Zubereitungen sollen deutlich sinken.
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Die gerade erst angehobenen BtM-Zuschläge sollen deutlich steigen.
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Die Notdienstgebühr bleibt unverändert.
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Auch das Großhandelshonorar haben die Gutachter unter die Lupe genommen. Die prozentuale Marge müsste demnach von 3,15 auf 0,53 Prozent sinken. Nur sie stünde für einen Rabatt zur Verfügung.
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Der Fixzuschlag soll von 70 auf 96 Cent angehoben werden. Hier wird die Rabattsperre wieder eingeführt.
Berlin - Nach wie vor verfolgt die ABDA die Strategie, das Honorargutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) totzuschweigen. Wegen der vielen falschen Annnahmen könne das Papier keine Diskussionsgrundlage sein. Im Interview mit APOTHEKE ADHOC erläutert und begründet Iris an der Heiden, verantwortliche Gutachterin bei 2hm Consulting, die Grundlagen und Positionen des Gutachtens: „Wir würden uns freuen, wenn es zu den Punkten eine sachliche Debatte gibt“, entgegnet sie der Kritik. Ziel der Politik sollte nicht der Erhalt möglichst vieler Apotheken sein. Ihre Aufgabe sei es, „den Zugang der Bevölkerung zu Apothekern sicherzustellen“. Ein feiner Unterschied.
ADHOC: Das 2hm-Gutachten hat in der Apothekerschaft für große Aufregung gesorgt und viel Kritik ausgelöst. Die ABDA will erst gar nicht darüber diskutieren, sondern es „verschrotten“. Wie gehen Sie mit diesen Aussagen um?
AN DER HEIDEN: Wir haben Verständnis dafür, dass das Gutachten, da es in Summe auf eine Verringerung der Vergütung für Rx hinausläuft, von dem Großteil der Apothekerschaft nicht positiv aufgenommen wird. Die vielen Punkte, an denen wir zugunsten der Apothekerschaft gerechnet haben, werden naturgemäß nicht so oft erwähnt wie die im Ergebnis aus Sicht der Apothekerinnen und Apothekern kritischen. Wir sind jedoch überrascht, wie wenig die gesetzlichen Grundlagen der AMPreisV selbst in Fachkreisen bekannt zu sein scheinen oder schlicht ignoriert werden.
ADHOC: Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass Sie als Maßstab für das Apothekenhonorar das Gehalt eines Klinikapothekenleiters gewählt haben. Warum?
AN DER HEIDEN: Die Vergütung ist seit 2004 für Apotheken und seit 2012 für den Großhandel als kostendeckend angelegt. Einkommen der Inhaber von Apotheken sind betriebswirtschaftlich und steuerrechtlich keine Kosten, es entsteht aber natürlich Aufwand bei den Inhabern. Wir mussten daher einen kalkulatorischen Unternehmerlohn in die Berechnung einführen, da dies weder in den Berechnungen im Jahr 2004 noch im Jahr 2012 erfolgt ist.
Den kalkulatorischen Unternehmerlohn haben wir an dem Prinzip des ärztlichen kalkulatorischen Unternehmerlohns orientiert, der Opportunitätskosten zugrunde legt, also alternative Beschäftigungsoptionen der Pharmazeuten. Beim Arzt wird das Gehalt eines Oberarztes zugrunde gelegt, wir haben die höchste Tarifstufe eines Leiters einer Krankenhausapotheke ausgewählt und auf die Anzahl aller Haupt- und Einzelapotheken kalkulatorisch angewendet.
Wichtig ist, dass dieser kalkulatorische Lohn nicht dem Betriebsergebnis einer Apotheke entspricht, er nur anteilig für rezeptpflichtige Arzneimittel auf die Berechnung angewendet wird und auch nicht das endgültige Honorar der Inhaber beschreibt. Die Apotheker erwirtschaften ihren Gewinn und ihr Einkommen auf der Basis einer Vielzahl von Faktoren, und der Gewinn fällt auch sehr unterschiedlich aus. Da es in Deutschland Niederlassungsfreiheit gibt, ist ein kalkulatorischer Unternehmerlohn in dieser Höhe und in Anwendung auf alle Inhaber als eine Berechnung zugunsten der Apotheker anzusehen.
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