Flugreisen, Erkältung oder Tauchen

Tipps gegen das „zugefallene Ohr“

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Berlin -

Gerade im Winter fliegen viele Menschen mit leichtem Schnupfen oder verblasster Erkältung gen Süden. Im Stress wird schnell das Nasenspray vergessen und bei der Landung ist es passiert: Das Ohr ist „zugefallen“. Es fühlt sich an wie permanenter Druck und äußert sich in ein- oder beidseitiger Hörminderung. Das Phänomen ist keine Krankheit im klassischen Sinne, sondern ein Symptom mit der Bezeichnung „Barotrauma“. 65 Prozent der Kinder und 46 Prozent der Erwachsenen sind beim Fliegen davon betroffen. HNO-Ärzte raten vorbeugend zu abschwellenden Mitteln, Valsalva-Manövern und schneller Abklärung bei starken Schmerzen.

Einige Kunden suchen bei dauerhaftem Ohrendruck in der Apotheke Rat. „Seit der Landung höre ich auf einem Ohr nichts mehr, sodass ich meine Mitmenschen immer wieder bitten muss, lauter zu sprechen“, schildern Betroffene dann. Mitunter folgen zwei Wochen mit hohem Leidensdruck: Permanenter Ohrendruck, leichte Schmerzen und deutliche Hörminderung sind die Symptome. Viele Betroffene berichten auch, dass sie hören „wie durch Watte“ oder „wie unter Wasser“.

Das „Barotrauma“ ist Vielfliegern, Tauchern, Winterurlaubern und Autofahrern bekannt. Es kommt durch Druckausgleich-Störungen in lufthaltigen Körperhöhlungen zustande. Zugrunde liegt oft ein sogenannter Tubenkatarrh. Die Ohrtrompete – korrekterweise Eustachische Röhre, lateinisch Tuba auditiva Eustachii – öffnet sich durch Gähnen, Schlucken und Niesen oder mechanischen Druckausgleich, sorgt so für Belüftung und lässt angesammelte Flüssigkeit über Serumen oder Rachen abfließen.

Verschließt sie sich dauerhaft, liegt ein Tubenverschluss mit den genannten Symptomen vor. Beim Erwachsenen ist die Ohrtrompete übrigens als Verbindungskanal zwischen Nase und Ohren nur 3,75 cm lang, bei Kindern deutlich kürzer. Durch Entzündung kann der Tubus durch verdicktes Nasensekret und geschwollenen Kanal zu eng oder blockiert sein.

Hilfe bei leichten Beschwerden verschaffen ein paar einfache Tricks. Damit es nicht erst zu einem Druckmissverhältnis kommt, helfen einfaches Schlucken und Kauen während der Landung für den Ausgleich. Ein Getränk, Kaugummi oder Häppchen induzieren einen Schluck- beziehungsweise Kaureflex und sorgen für den Druckabfall im Ohr. Alternativ kann auch ohne Hilfsmittel bewusst geschluckt werden.

Viele Ärzte raten als präventive Maßnahme zu abschwellenden Nasensprays oder -tropfen oder Pseudoephedrin-Tabletten vor dem Flug. Bislang konnte jedoch noch keine Studie mit ausreichend breiter Datenlage einen positiven Effekt beweisen. Eine doppelblinde Studie mit 150 Teilnehmern kam 1998 zu dem Ergebnis, dass ein Nasenspray mit 0,05 Prozent Oxymetazolin Schmerz und Unwohlsein kaum mehr lindert als Placebo. Daher sieht auch die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) von 2014 keine Basis zur Empfehlung von Nasenspray gegen Barotraumata.

Vorbeugend wirken auch Ohrentropfen mit 100-prozentigem Glycerol – sowohl gegen Flug- als auch gegen Taucherohren. Das wasserfreie Glycerol kann dem Gewebe im Ohr entzündungsbedingte Flüssigkeit entziehen und so einer Verschlechterung vorbeugen.

Auch Flug- und Tauch-Ohrstöpsel werden häufig in Apotheken nachgefragt. Sie sollen den Druck mechanisch mindern. Innosan hatte sein Produkt Sanohra fly von HNO-Ärzten der Charité untersuchen lassen. In der Mini-Studie mit 21 Probanden kam es zu einer subjektiven Verbesserung; messbare Besserungen der Werte der Eustachischen Röhre ergaben sich nicht. Auch lamellenartige Ohrstöpsel anderer Hersteller sollen den Druck auf das Mittelohr lindern, darunter Earplanes (Cirrus), Alpine Pluggies und Ohropax.

Ein anderes einfaches Mittel für positive Druckverhältnisse ist das Valsalva-Manöver: Durch kräftiges Ausatmen gegen die geschlossenen Lippen erhöht sich bei zugehaltenen Nasenlöchern der Druck auf das Mittelohr wieder. Zusätzlich kann das Otovent-System mit Ballons von Optima helfen. Es besteht aus dem Nasenstück, an das ein Latex-Luftballon befestigt wird. Das System wird in ein Nasenloch geführt, das andere Loch wird zugehalten. Durch das Aufblasen des Ballons mit geschlossenem Mund geschieht der erste Druckausgleich. Durch das Schlucken beim Zurückströmen des aufgeblasenen Ballons der zweite. Anwendbar ist es bei Kindern ab drei Jahren.

Diese Maßnahmen werden auch empfohlen, wenn die Beschwerden bereits aufgetreten sind. Bei akuten, dauerhaften Schmerzen oder nicht nachlassendem Ohrendruck sollte der HNO-Arzt einen Blick in das Ohr werfen, um etwaige Löcher oder im schlimmsten Fall Risse im Trommelfell schnell zu behandeln. Er kann auch feststellen, ob womöglich eine Entzündung vorliegt. Ist das Ohr stark entzündet oder das Trommelfell perforiert, darf keine Selbstmedikation erfolgen. Das Ohr könnte Schaden nehmen.

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