AOK im Dialog

Was sich Lauterbach von Spahn wünscht

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Stuttgart -

Was erwartet die Gesundheitsbranche von Jens Spahn (CDU)? Dieser Frage ging die AOK Baden-Württemberg mit prominenten Gästen nach. Vorstandschef Dr. Christopher Hermann und sein Vize Siegmar Nesch hatten unter anderem SPD-Franktionsvize Professor Dr. Karl Lauterbach und Karin Maag, gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, geladen.

Lauterbach erwartet von Spahn vor allem, dass er den Koalitionsvertrag „sauber umsetzt“ und sich während seiner Amtszeit eng daran orientiert. Egal wie gut man sich neben dem Politikgeschäft verstehe (und er habe sich mit Hermann Gröhe persönlich sehr gut verstanden): Man dürfe niemandem etwas schenken. Die SPD könne es sich nicht leisten, zentrale Themen auszusparen, wenn sie glaubwürdig bleiben wolle.

Ihm persönlich liege das Thema Bürgerversicherung sehr am Herzen. Für Lacher im Publikum sorgte Lauterbach, als er einwarf, dass er ansonsten Spahn nicht den Mund verbieten wolle und dieser sich gerne weiter auch zu Themen abseits des Gesundheitsressorts äußern dürfe. Das könne der SPD nur nützen.

Maag ist Spahn vor allem dankbar dafür, dass er die mediale Aufmerksamkeit für Gesundheitsthemen wieder in den Vordergrund bringt. In den letzten vier Jahren sei vieles einfach zu glatt gelaufen und wichtige Themen dabei untergegangen. Besonders am Herzen liegt es ihr, die Transparenz zu erhöhen, da in der Vergangenheit oftmals Gelder, die für die Pflege gedacht waren, in den Krankenhäusern für Investitionen ausgegeben wurden.

Man brauche im Grunde nicht mehr Geld für die bessere Bezahlung des Pflegepersonals, das sei da. Da es aber bisher über in den Fallpauschalen (DRG) „versteckt“ war, wurden damit aber Dächer erneuert und Aufzüge repariert. Dies abzustellen, sei für sie am dringlichsten.

Hermann sieht den Gesundheitsmarkt und die Pflege als überreguliert, spricht gar vom „bürokratischen Overkill“. Den Vorschlag von Martin Gross, Landesbezirksleiter Ver.di, in Krankenhäusern und Pflegeheimen Personaluntergrenzen einzuführen, teilt er überhaupt nicht. Er sehe eher die Gefahr, dass dann jeder nur noch mit der Mindestbesetzung arbeite. Hermann lehnt auch die von Lauterbach geforderte Bürgerversicherung ab und würde lieber mehr Wettbewerb bei den Krankenkassen sehen. Diese sollten sich zukünftig merklich in ihren Leistungen unterscheiden.

Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer Südwestmetall, warf ein, dass künftig im Hinblick auf die Kostensteigerungen „leichteste Krankheiten“ nicht mehr versichert sein sollten. Hermann ist jedoch mit Maag der Ansicht, dass Kliniken nachweisen sollten, wofür sie die Gelder, die ihnen über die DRG zur Verfügung gestellt werden, nutzen.

Ein größeres Thema war die Frage, wie die flächendeckende Versorgung der Patienten sichergestellt werden kann, wenn viele Ärzte und Pfleger nicht mehr auf dem Land arbeiten wollen. Angedacht ist etwa eine erhöhte Vergütung für Mediziner, die sich außerhalb der Städte niederlassen – etwa auf dem Niveau eines Arztes, der im Krankenhaus tätig ist. Über einen niedrigeren NC für das Medizinstudium sowie eine verbesserte allgemeinärztliche Ausbildung sollen zusätzliche Anreize geschaffen werden, um in den nächsten Jahren mehr Ärzte auf das Land zu locken.

Für die fehlenden Pflegekräfte sahen alle Beteiligten die Chance vor allem in der Schaffung von besseren Arbeitsbedingungen. Im Schnitt arbeiten Menschen, die einen pflegerischen Beruf erlernt haben, darin nur etwa sieben Jahre und orientieren sich dann beruflich neu. Nicht nur die finanziellen Rahmenbedingungen sollten sich verbessern, auch weniger Arbeitszeit ab einer bestimmten Menge an Berufsjahren wurde diskutiert. Die Weiterentwicklungsmöglichkeiten in der Pflege müssten ebenfalls verbessert werden. Hermann forderte für die Gesundheitsberufe mehr akademische Laufbahnen und eine Emanzipation der Berufe, wie sie in anderen Bereichen auch schon stattgefunden hat, um dort Anreize zu schaffen, die Pfleger aus der Teilzeit in die Vollzeitarbeit zurückzuholen.

Das Thema Digitalisierung wurde am Ende der Veranstaltung kurz gehalten, weil Lauterbach seinen Zug noch erreichen musste. Maag sah sie nur als Mittel zum Zweck, um eine bessere Versorgung durch vereinfachten Austausch der Disziplinen zu erreichen. Eine einheitliche elektronische Patientenakte sei das nächste Ziel, das durch die Digitalisierung erreicht werden könne. Hermann sieht darin eine Riesenchance für das Gesundheitswesen und die Versorgung der Bevölkerung auf dem Land, ging aber nicht weiter darauf ein, wie er diese dadurch verbessert sieht.

Lauterbach stand kurz vor dem Ende der Podiumsdiskussion auf und wünschte der AOK und allen Beteiligten „Glück auf“. Eine passende Replik auf den Satz, den der Moderator zuvor prägte: „Möglicherweise ist der Frieden im Nahen Osten näher als eine gemeinsame Linie in der Gesundheitspolitik.“

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